§ 169.
Amerika,
88
etwa 100 Jahren zählte dieses Land nicht viel mehr Einwohner als jetzt
Berlin. Die starke Zunahme ist besonders ans die Einwanderung von Europäern
zurückzuführen. Im Jahre 1907 wanderten allein aus Europa 1200000
Menschen ein, von denen 338000 aus Österreich-Ungarn, 285000 aus Italien,
259000 aus Rußland kamen. Deutschland war glücklicherweise nur mit 38000
daran beteiligt. Auch in Amerika liegt das Geld nicht auf der Straße. Wer
dazu gelangen will, muß Hand und Fuß und Kopf gebrauchen. Unter dieser
Bedingung kann aber auch jeder Deutsche in seiner Heimat vorankommen.
Vor der Gründung des Deutschen Reiches war das nicht so und die Aus-
Wanderung damals groß, so daß die Deutschen noch heute einen wichtigen
Bevölkerungsanteil bilden. Sie haben sich besonders westlich von den Kana-
dischen Seen im Mississippibecken niedergelassen- die Stadt Milwaukee
ist überwiegend deutsch. Die englische Sprache ist die vorherrschende in den
Vereinigten Staaten; jedoch bemühen sich die Deutschen, auch ihre Sprache
lebendig zu erhalten. Die Vereinigten Staaten ziehen so viele Einwanderer
an, da sie so überaus reich an Erträgen sind. Die Union nimmt auf der ganzen
Welt den ersten Platz in der Erzeugung von Baumwolle, Getreide und
Tabak, den ersten Platz im Fischfang ein; außerdem liefert die Viehzucht
Erzeugniffe weit über den Bedarf. Die Union versendet das meiste gekühlte
Fleisch. Auch der Bergbau fördert ungeheure Schätze. Mit der Gewinnung
von Steinkohlen, Eisen, Kupfer, Blei, Quecksilber, Salz und Petro-
leum steht es ebenfalls an erster Stelle; in der Gewinnung von Gold folgt
es gleich nach Afrika. Die wichtigsten Kohlenlager breiten sich im westlichen
Alleghanygebirge und im mittleren Mississippibecken aus. An Eisenerzen und
Petroleum ist besonders der Nordosten reich. Reines Kupfer bieten die großen
Lager am Oberen See. Die Edelmetalle werden meist in den Kordilleren ge-
snnden. Früher zog besonders Kalifornien die Goldsucher an; jetzt wenden sie
sich mehr dem nordischen Alaska zu. Infolge dieser mineralischen Reichtümer
hat sich auch die Industrie in fast allen Zweigen großartig entwickelt, gleich-
zeitig damit der Handel, der sich immer mehr dem deutschen uähert.
Die Besiedelung ist am dichtesten im Osten, dort, wo die gütige Natnr
am weitesten ihr Füllhorn geöffnet hat. Hier liegt an einem sehr günstigen
Seehafen Nenyork [T], die größte und reichste Stadt Amerikas, die als Geld-
und Handelsplatz nur London nachsteht, außerdem Boston /j>\, der zweite Woll¬
markt der Welt (London der erste), — Philadelphia [Ü], die drittgrößte Stadt
der Union, ein bedeutender Fabrikort, der nächst Nenyork das meiste Petroleum
versendet, — Baltimore mit großer Ansfnhr an Tabak und Mehl. Anch an
den Kanadischen Seen haben sich einige Großstädte entwickelt. Chikago [IT], die
zweitgrößte Stadt der Union, ist einer der ersten Weltmärkte für Getreide
und Erzeugnisse der Viehzucht. In riesigen Schlachthöfen werden hier jähr-
lich mehrere Millionen Rinder, Schweine, Schafe usw. geschlachtet. Mil-
wankee wegen seiner Bierbrauereien das „amerikanische München" ge-