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zwei Brüder. Meine Eltern hatten eine kleine Landstelle und einen Anteil
an dieser Heide. Mein Bruder erhielt als der älteste die Landstelle im
Dorfe, und ich siedelte mich vor 40 Jahren auf dieser Heide an. Ich
baute dieses kleine Haus und fing an, die Heide in der Umgebung meines
Hauses urbar zu machen. Die Äcker, welche hier am Hause liegen, waren
früher mit Heidekraut bedeckt. Jetzt wächst auf einigen schönes Korn.
Im Sommer arbeitete ich stets auf der Heide. Mit dem kleinen drei-
eckigen Spaten, der da draußen steht, habe ich jeden Sommer „Flachen"
gestochen. Meine Frau hat sie gekehrt und in Haufen zum Trocknen
aufgesetzt. Darauf haben wir sie an die Bewohner in den umliegenden
Dörfern verkauft. Im Winter band ich Besen. Unsere Kinder sind jetzt
alle erwachsen und in die Welt hinausgegangen, um ihr Brot zu ver-
dienen; aber sie haben uns nicht vergessen; das kleine Haus und die
braune Heide vergessen sie nie. Zwar nennen sie uns im Dorfe Kolo-
nisten; aber diesen Namen tragen ich und meine Nachbarn gerne; denn
wüßte mancher, wie schön es auf der Heide ist, so würde auch er hier
seine Wohnung aufschlagen."
Abseits von Theodor Storm.