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gewechselt hat. Viel gewaltiger aber sind Steinausschüttungen an der
Oker bis nach Braunschweig hin - der ungebändigte Fluß hat in dem
sogenannten Steinfelde von Vienenburg bis Wolfenbüttel
hin in einer Breite von einer halben Stunde alles mit unfruchtbarem
Geröll überschüttet, durch welches er in stetem Wechsel sich neue Bahnen
sucht. — Je nachdem nun das Gestein des Gebirges leichter oder
schwerer zerstörbar ist, haben die Flüsse ihr Thal bald mehr aus-
geweitet, welches dann einen lieblichen Wiesengrund bildet, oder sie
fließen in engen Spalten, die von jähen Felswänden eingeschlossen
sind. So ist das Thal der Selke fast überall mild und lieblich; die
vom Brocken herabkommende Bode dagegen fließt anfänglich bis in
die Gegend der Rothen Hütte, einem bedeutenden Eisenwerke bei
Elbingerode, auf dem Rücken der Hochebene selbst, dann aber hat sie
sich in den Körper des Gebirges ein enges felsiges Bette gegraben,
welches sie mit vielen fast in sich selbst zurücklausenden Windungen
durchfließt; und von T r e s e b u r g bis zu ihrem Austritt bei T h a l e,
wo sich zu beiden Seiten die fast 1000 Fuß hohen Felswände der
Roßtrappe und des Hexentanzplatzes erheben, ist ihr Thal,
wenn man diesen Ausdruck noch gebrauchen darf, so eng, daß es erst
in der neueren Zeit durch Felssprengungen gelungen ist, einen Fuß-
weg zwischen Fels und Fluß zu bahnen*). Äehnliches wiederholt sich
an der Oker, die in ihren Quellgebieten bei Altenau weitere
Thäler bildet, aber unmittelbar vor ihrem Austritt aus dem Gebirge
sich durch die granitenen Wände des Ziegenrückens eine Felsen-
pforte gebahnt hat.
Die Harzflüsse gehören dem Gebiete der Weser und dem der
Elbe an, und zwar verläuft die Wasserscheide vom Brocken bis in die
Gegend von Lauter berg und Sachsa. Zur Weser gehören die
Ilse, Radau (Harzburg), die Oker, welche die beiden erstge-
nannten ausnimmt und nach Müden zur Aller führt, die Innerste
(Langelsheim), die Söse (Osterode), die Sieb er (Herz-
berg) und die Oder (La nt erb erg). Von ihnen ist die Inn erste
die bedeutendste. Sie entspringt auf der Hochebene von Clausthal,
wo in sehr vielen künstlich angelegten Teichen jeder Tropfen Wassers
zum Betriebe der Bergwerksmaschinen gesammelt wird, und fließt, dem
Westrande des Gebirges parallel, über W i l d e m a n n und Lauten-
thal nach Langelsheim. Zum Gebiete der Elbe gehören die
Holtemme (Wernigerode), die Bode (Thale), der größte
Fluß des Harzes, die Selke (Ba llenftedt), die Wipp er
(Mansfeld), welche fämmtlich sich in der Bode vereinigen; die
unbedeutenden Gewässer des Südostrandes sammeln sich in der
Helme, die am Fuße des Harzes, südlich von Sachsa entspringt und
durch die reichen Fluren der Goldenen Aue, einen ausgetrockneten
Seeboden, zur Unstrut geht.
*) Die Vignette zu Anfang dieses Kapitels zeigt uns über der Hochebene des
Harzes in der Gegend von Hüttenrode (östlich von Elbingerode) die Gruppe des
Brockens in seiner ganzen Breite; zugleich aber erblicken wir im Vordergrunde den
steilen Einhang des Bodethals.