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III Die Begründung w elfisch er Macht in
Norddeutschland. Stiftung des Herzogthnms
Braunsch w eig-Lüneburg.
Nach dem Aussterben der Karolinger und der kurzen Zwischen-
regierung des fränkischen Konrads (f918) kam die Herrschaft über das
deutsche Reich an das sächsische Herzogsgeschlecht der Ludolfinger, das
einerseits mit dem Geschlechte Widukinds, andererseits durch Heirath
mit den Karolingern verwandt war. Die Namen Heinrichs I, Otto's
des Großen sind in aller Munde. Wir können ihre Geschichte hier
nicht weiter verfolgen, dürfen aber nicht unerwähnt lassen, daß Otto
der Große, als er nach Besiegung der Slaven und Ungarn, und nach¬
dem es ihm gelungen, die Zwiste und Fehden in der eigenen Familie
auszugleichen, im Jahre 961 nach Italien zog, sich dort die Kaiserkrone
zu holen, vorher die Verwaltung seiner sächsischen Heimat abgab, indem
er einen seiner treuesten Anhänger, Hermann Billung, zum Her-
zöge von Sachsen ernannte. Die Familie der Billunger war ein altes
Grafengeschlecht, welches in Ostsalen und Thüringen reiche Besitzungen
hatte. Von Hermann Billung selbst erzählt man, daß er auf dem noch
jetzt so genannten Hofe Stübeckshorn (in der Bauerschaft Hölzin-
gen) östlich von Soltau geboren sei; gewiß ist jedenfalls, daß sein
Haupthof nach ihm Hermannsburg (das jetzige Dorf gleiches
Namens) genannt worden ist. Sein und seiner Nachfolger Hauptsitz
war aber das von ihm erbaute Schloß aus dem Kalkberge von Lüne-
bürg. Zu dem großen eigenen Familienbesitz kamen aber nun noch
der Genuß vieler einst von Karl dem Großen durch Confiscationen im
Sachfenlande gebildeter Reichsgüter, welche ihm vom Kaiser überlasten
wurden, gewissermaßen als Besoldung für das übernommene Herzogs-
amt. Da nun die nächsten Nachfolger Otto's bekanntlich ihr Augen-
merk und ihre Thätigkeit fast nur auf die Erwerbung Italiens lenkten
und das Sachsenland kaum betraten, so gelang es den Billungern, in
deren Geschlecht die Herzogswürde über Sachsen forterbte, das Ver-
hältnis zu verdunkeln und jenes kaiserliche Gut mit dem eigenen freien
(Allodial-) Besitz zu vermengen. Erst die fränkischen Kaiser, besonders
Heinrich III und sein unglücklicher Sohn Heinrich IV suchten das
kaiserliche Ansehen in Sachsen wieder herzustellen und Klarheit in die
Verhältnisse zu bringen, und das hat dann die Veranlassung zu den
erbitterten Kämpfen gegeben, welche unter der Regierung Heinrichs IV
und feines Sohnes Heinrich V das Sachsenland verheerten und