Full text: Heimatkunde und Arbeitsschule

A. Theoretischer Teil. 
Wir leben in einer Zeit der Gärung und Umwälzung, in einer Periode 
des rastlosen vorwärtsstrebens und Suchens nach neuen Zielen, nicht nur 
auf politischem, sozialem und wirtschaftlichem, sondern auch auf pädago- 
gischem Gebiet. Kuch gegen unsere heutige Schulbildung wird Front ge- 
macht. 
Venn wir den statistischen Kngaben des Wieners Dr. Franz von Jura- 
schek^) Glauben schenken dürfen, so kann sich unsere Schulbildung in Europa 
und in der XDelt wohl sehen lassen- denn nach ihm konnten 1911 von 
1000 Einwohnern bzw. Rekruten nicht lesen und schreiben in Rumänien 
884, in Serbien 830, in Portugal 786, in Spanien 681, in Rußland 617, 
in Ungarn 475, in Osterreich 356, in Italien 306, in Griechenland 300, in 
Belgien 85, in Frankreich 33, in Holland 14, in Finnland 12, in Gro߬ 
britannien 10, in der Schweiz 5, in Schweden 3,7 (für Norwegen ist keine 
Zahl zu ermitteln), in Dänemark 2, in Preußen 0,6, in Deutschland 0,2. 
In neuerer Zeit ist man aber davon abgekommen, die Fertigkeiten des 
Lesens und Schreibens zum alleinigen Maßstab der Volksbildung zu machen. 
Man verlangt, daß das Kind die Heimat kennen und lieben und die Gegen¬ 
wart mit ihren kulturellen Forderungen verstehen lerne, damit es die 
Fähigkeit gewinne, als sich selbst bestimmende, freie Persönlichkeit den 
Wechselfällen des Lebens entgegentreten und mit Gut und Blut für hei- 
mat und Vaterland einstehen zu können. Eine ungewöhnlich große 5lnzahl 
von Reformern erhebt sich gegen den üblichen Betrieb in unseren Schulen, 
füllt die pädagogischen Zeitungen mit Leitartikeln, vereinigt sich zu Gesell- 
schaften (z. 13. der Deutsche verein für Unabenhandarbeit und Iverkunter- 
richt in Charlottenburg), erläßt Aufrufe (so der Geschäftsausschuß für 
Schulreform im Sinne staatsbürgerlicher Erziehung in Berlin) und tritt 
kräftig für die Körperpflege der heranwachsenden Jugend ein (Jugend- 
Heime, Wandervogelbewegung u. a.). 
1) Gtto hübners Geographisch-statistische Tabellen aller Länder der Erde. 
Fortgeführt und ausgestaltet von vr. Franz von Iuraschek, Heinrich Keller in 
Frankfurt a. IN.
	        
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