Full text: Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt

102 6. Thüringer Wald, Frankenwald und Fichtelgebirge. 
man von der südlichen Ebene aus nur eine große Menge meist mit Kiefern- 
wald bestandener Berge schaut, ohne deir Rücken mit seinen Kuppen 
deutlich zu erkennen. Die Täler sind hier lang und windungsreich. Weil 
dem Thüringer Walde große Längstäler gänzlich fehlen, konnte sich kein 
bedeutender Fluß entwickeln. Alle Abflüsse wenden sich entweder der 
Werra, dem Main oder der Saale zu. Der Kamm scheidet sie vonein- 
ander (Wasserscheide). Die ausgedehnten Wälder und der Moosboden 
halten viel Wasser sest, das sich dann in den Moorgründen, z. B. dem 
Teufelskreise am Schneekopf, sammelt. Wald und Moor bilden so die 
Sammelbecken, aus deren zahlreichen Rinnsalen sich Bäche und Flüsse 
bilden. Vom Nordabhange des Thüringer Waldes fließen: Schwarza, Ilm, 
Gera, Apfelstedt und Hörsel. An manchen Stellen ist die Bergkette 
so schmal (Eisenach, Hohe Sonne, Tambach), daß man das Gebirge hier 
in einein Nachmittag übersteigen und von seiner Höhe nach beiden Seiten 
in die Ebene blicken kann. Die Breite beträgt an wenigen Stellen über 
15 km (Ruhla, Jnsels- und Beerberg). Aus dem Kamme erheben sich 
im SO. der dicht bewaldete Gro^e Beerberg (984 m) und der kahle 
Schneekops (976 m), im NW. vor dem Kamme der schöne Jnselsberg 
(Emsenberg) 915 m. Auf einem Seitenaste, der wie ein mächtiger Vor- 
sprung in die nördliche Ebene ragt, liegt der Wartburgberg. 
Hier steht die herrliche Wartburg, die Ludwig der Springer vor mehr als 
800 Jahren erbauen liefe. Der Landesherr ((Zroßherzog Karl Alexander) hat die 
Burg in alter Schönheit wiederherstellen lassen. Hier lebte die heilige Elisabeth, 
der Engel der Armen, und Dr. M. Luther begann hier die Übersetzung der Bibel. 
Da die llbergangspässe im Kamme nur geringe Einsattelungen bilden, 
so konnte selbst auf dem Rücken in seiner Längsrichtung ein Verkehrsweg 
entstehen. Schon seit dem 14. Jahrhundert läuft der meist fahrbare 
Rennsteig (d. h. Grenzweg, weil er die nördlich wohnenden Thüringer 
von den südlich wohnenden Franken schied), von der Werra bis zur Saale 
auf dem Kamme entlang (220 km). Ebenso bieten die vielen Übergänge 
quer über das Gebirge keine großen Schwierigkeiten, obgleich sie Sen- 
kungen, Einsatteluugeu und Kammeinschnitte zu überwinden haben. Mehr 
als 20 Straßen führen darüber. Der Thüringer Wald ist daher unser 
wegsamstes Gebirge. Der höchste der Pässe, den die Waldstraße benutzt, 
zieht über Oberhof (827 m) nach Suhl und vermittelt den großen Ver- 
kehr zwischen Nord- und Süddeutschland. Welche Eisenbahnlinien? Das 
vorherrschende Gestein ist Porphyr, aber auch Quarz, Schiefer und Rot- 
liegendes treten vielfach auf. An den Abhängen des Gebirges und in 
den Tälern wechseln weite saftige Wiesenflächen mit herrlichem Walde 
ab. Die Häuser, die sich teilweise bis uahe an den Rücken erstrecken 
(Oberbof, Gehlberg), sind häusig mit Schindeln bedeckt; selbst das Kirchlein 
ist oft aus Holz gebaut. In neuerer Zeit muß die Holzbedachung aber 
den Ziegel- (W.) und den Schieferdächern (O.) weichen. (Brand von 
Brotterode.) Ein Blick von der Höhe über den Nord- und Südabhang 
läßt den Thüringer Wald wie einen wohlgepflegten Garten (Park) erscheinen.
	        
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