Vorwort zur ersten Auslage.
Ob diese neue Landeskunde Existenzberechtigung hat? Sie umfaßt
den Stoff von der Schulstube bis zur Provinz. Der erste Teil, die Heimat-
künde tm engeren Sinne, konnte größtenteils nur unter methodischen
Gesichtspunkten andeutungsweise gegeben werden. Dem Lehrer soll da-
durch ein planmäßiger Gang vorgezeichnet und dem Schüler in Kern-
sragen der heimatkundliche Stoff angedeutet werden. (Wie sich die nähere
Ausführung für den einzelnen Ort gestalten würde, ist gezeigt in der
„Heimatkunde der Stadt Magdeburg und ihrer nächsten Umgebung".
Für den Schulgebrauch bearbeitet von Th. Henze und E. Martini. Verlag
der Königl. Universitäts-Buchhandlung von Ferdinand Hirt, Breslau 1896.)
Verfasser steht auf dem Standpunkte, daß die Heimatkunde (t. e. S.)
Anschauungsunterricht im umfassenden Sinne sein muß. Durch unter-
richtliche Spaziergänge soll mit den Schülern nach und nach das gesamte
Material erarbeitet werden. Der heimatliche Anschauungskreis soll
gleichsam eine Rüstkammer voll klarer Vorstellungen und Begriffe sein,
die der Phantasie das Material zur Bildung seiner Anschauung von der
Fremde bieten*). Auf der sicheren Grundlage der Anschauung und klaren
Vorstellung (deutlicher Erinnerungsbilder) soll sich sodann die Landes-
künde, der 2. Teil des Buches, aufbauen. Dieser Stoff ist in acht natürliche
Landschaftsgebiete (geographische Individuen) zerlegt. Ein jedes besteht
wieder aus Einzelbildern, die in ihrer Gesamtheit das Landschaftsbild
ergeben (Haupt- und Teilziele). Dieser Unterrichtsgang ist so der natür-
liehen Entwicklung des kindlichen Geisteslebens angepaßt. — Die auf¬
gestellten „natürlichen Gruppen" einer Landschaft (Höhen, Flachlands
Niederung . . . .) dräugen notwendig zur Konzentration, indem sie dem
Kinde eine Landschaft als zusammengehörigen Organismus zeigen, in
welchem die Einzelglieder in ihrer Abhängigkeit einander bedingen. Wir
hoffen, daß gerade die Einzelbilder, die auch mit den Menschen und ihren
Einrichtungen, Sitten, Gebräuchen bekannt machen, in dem Kinde ein
vielseitiges und nachhaltiges Interesse für die Heimat wecken werden.
Diese Darstellung bezweckt also, die Kinder in ihrer Heimat wirklich
heimisch zu machen und ihnen diese als eine Kulturwerkstätte der Menschen
zu zeigen, damit treue Vaterlandsliebe in der Liebe zur engeren Heimat
tiefgehende und kräftige Wnrzeln entfalten kann. Zur Vervollständigung
des Bildes sind Sage und Geschichte tunlichst berücksichtigt. Dagegen
bietet die Ortskunde nur das, was von allgemeiner Bedeutung ist und zur
Charakterisierung eines Ortes dient, wobei vorausgesetzt wird, daß der
*) Im Begleitwort zur „Heimatkunde der Stadt Magdeburg" ist au Bei-
spielen gezeigt, wie das Material auf uuterrichtlicheu Spaziergängen zu gewinnen ist.