VIII. Heimatkundlicher Arbeitsunterricht. 53
Erziehung ihrer Zöglinge. — freilich in vielfach mangelhafter und un-
pädagogischer Art — zu beeinflussen suchte.
Comenins, Rousseau und die Philanthropen betrachteten die Hand-
betätigung aber nicht etwa als eine Vorbereitung auf den späteren Beruf
des Zöglings, wie es in den „Industrieschulen" des 18. Jahrhunderts der
Fall war. Letztere — vom böhmischen Pfarrer Ainderniann begründet —
wollten die Schüler teils innerhalb, teils außerhalb der Schule für eine
gewinnbringende „Heimarbeit" geschickt machen. Die Handbetätigung ge-
nannter Pädagogen sollte vielmehr hauptsächlich einer allseitigen Ausbildung
der kindlichen Kräfte dienen. Ihnen galt die Arbeit nicht als Unterrichts-
fach, sondern als Unterrichtsgrundsatz.
7. Pestalozzi) der anfänglich ein Freund der „Industrieschulen" war,
stand später auf dem Standpunkte, daß die körperliche Arbeit der Schüler
nicht zum Zwecke der Gütererzeugung zu betreiben fei, sondern zur Förderung
der formalen Bildung der Schüler; „denn die Industrie, die nur Routiue,
die nur einzelne mechanische Fertigkeit ist, die nur vom Äußeren ausgeht
und sich auf tierische Triebe gründet, erhebt und veredelt weder den Menschen
noch das Volk. Aber der Geist der Industrie, der von reinen und um-
fassenden Mitteln der Elementarbildung erzeugt, im Menschen mit den
höheren Anlagen seiner Natur in Harmonie gebracht und wesentlich ein Geist,
der Geist ein und desselben Individuums ist, dieser erhebt und veredelt den
Menschen und das Volk." — „Übung und Bildung aller Sinne ist Übung
und Bildung des Geistes selbst, das hat man längst gewußt, aber das über-
sah die Theorie immer, daß Übung und Bildung aller darstellenden Organe
ebenfalls nichts anderes als Geistesbildung sein muß."
8. Fröbel (1782—1852) ist von besonderer Wichtigkeit für die Er-
ziehuug und Bildung der vorschulpflichtigen Kinder. Er vertrat den Ge-
danken Pestalozzis, daß nicht nur durch das „Lernen", sondern auch durch das
„Schaffen" Geistesbildung vermittelt werden kann. In seiner Anstalt Keilhan
spielte das Selbstfinden und Selbstdarstellen in allen Unterrichtsfächern eine
große Rolle. Die Schüler mußten erdkundliche und geschichtliche Karten
selbst anfertigen; sie waren in der Landwirtschaft und auch in der Werkstatt
tätig. In letzterer ließ er Tischler-, Kork- und Papparbeiten anfertigen.
Mit den Kleinen wurde „Bauen" und „Farbenlehre" als gesondertes Fach
betrieben. Indem die älteren Schüler sich bei der Ausbildung der jüngeren
betätigten, konnten sie sich einen Teil des Kostgeldes selbst erwerben.
9. In der Benderschen Anstalt in Weinheim, an der auch Finger
gewirkt hat, wurde Knabenhandarbeit getrieben. Ihr Zweck war, die Bildung
der Jugend zu fördern. Finger selbst ließ dort im heimatkundlichen Unter-
richte zeichnen und auch aus Sand Modelle der Berge, z. B. des Hirsch-
kopfes (43. Stunde, Stufe II), herstellen.
In neuerer Zeit erkannte man immer mehr, daß im Zusammenwirken
der körperlichen und seelischen Kräfte bei der Arbeit ein wichtiges erzieh-
liches Moment liegt. Deshalb suchte man es im Unterrichte zu verwerten.
10. Professor Biederinann in Leipzig betrachtete die Handbetätigung
als ein gutes Mittel, um eine harmonische Ansbildnng der Kinder zu erzielen.