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Reiches, Geistlichen und Laien, die daselbst gleichfalls anwesend waren, und haben
uns drei öffentliche Notare deswegen berufen, und nachdem sie unter sich selbst
der Reihe nach unter Ableistung von Eiden Umfrage gehalten hatten, wie es
Brauch selbiger Fürsten ist, haben sie einhellig und eines Sinnes endgültig aus¬
gesprochen, entschieden und als Urteil verkündet: „Das sei Rechtens und alt¬
bewährte Gewohnheit im Reiche, daß, wenn von den Kurfürsten des Reiches
oder auch von dem an Zahl überwiegenden Teile selbiger Fürsten einer zum
Könige gewählt worden ist, er nicht der Ernennung, Genehmigung, Bestätigung,
Zustimmung oder Gutheißung des päpstlichen Stuhles bedarf, um die Ver¬
waltung der Güter und Rechte des Reiches oder den Königstitel zu übernehmen,
und daß betreffs dieser Dinge ein solcher Erwählter mit Recht nicht an selbigen
Stuhl sich zu wenden hat, sondern daß es so gehalten und Sitte und Brauch
seit undenklicher Zeit gewesen ist, daß die von den Kurfürsten des Reiches
einmütig oder von der Mehrheit Erwählten den Königstitel angenommen und
die Güter und Rechte des Reiches verwaltet haben, und daß sie nach dem Rechte
und der Gewohnheit dieses rechtmäßig tun konnten und in Zukunft tun können,
olrne eine Genehmigung oder Erlaubnis des genannten apostolischen Stuhles
hierüber zu haben und nachzusuchen."
Nachdem dies verkündigt und solcherweise entschieden worden war, haben die
vorgenannten Herren Kurfürsten alle und jegliche Getreuen und Vasallen des
Reiches, die damals bei deren Verhandlungen und Rat zugegen waren, unter
deren dem Reiche schuldigen oder schon geleisteten Eiden einzeln über ihre Ansicht
in betreff der verhandelten und bestimmten und verkündigten Rechte und Ge¬
wohnheiten des Reiches befragt. Diese alle und jegliche haben in denselben oder
ähnlichen Worten sich ausgesprochen, geurteilt, entschieden und schließlich mit
dem übereingestimmt, wobei der oben genannten Kurfürsten Meinung stehen ge¬
blieben ist.
2. Der Reichstagsabschied vom 6. August 1338.
Der Reichstag zu Frankfurt trat den Beschlüssen des Renser Kurvereins bei und er¬
weiterte sie dadurch noch wesentlich, daß sie auch das Recht aus den kaiserlichen Titel aus
der Wahl der Kurfürsten herleiteten. Hierauf erließ Ludwig das wichtige Gesetz vom
6. August 1338, das die Unabhängigkeit des Reiches von der Kurie offen verkündete. Erler
a. a. O. HI. S. 358 ff.
Ludwig, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und jederzeit Mehrer des
Reichs, zum ewigen Gedächtnis der Sache.
Wiewohl die Zeugnisse beider Rechte klärlich darlegen, daß die kaiserliche
Würde und Gewalt unmittelbar von Gott allein seit alters herrühre, und daß
Gott durch den Kaiser und die Könige der Welt die Rechte dem Menschen¬
geschlechte offenbar gespendet habe, und daß der Kaiser durch die bloße Wahl
derer, denen sie zusteht, ein wahrhafter Kaiser wird und nicht der Bestätigung
oder Genehmigung von seiten irgend eines andern bedarf — da er in allen
weltlichen Dingen auf Erden keinen Vorgesetzten hat, sondern Völker und
Stämme ihm unterworfen sind und unser Herr Jesus Christus selbst befohlen
hat, Gott zu geben, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist —,
so versteigen sich doch manche, von Habsucht und Ehrgeiz verblendet, ohne
Verständnis irgend einer Schrift und abirrend von dem Pfade des richtigen
Sinnes, zu gewissen ungerechten und verwerflichen Erdichtungen und abscheu¬
lichen Behauptungen und vergehen sich so gegen die Gewalt und Würde und
die Rechte der Kaiser, Kurfürsten und der andern Fürsten und Getreuen des
Reiches, indem sie trügerisch vorgeben, die kaiserliche Würde und Gewalt sei