94 I. Teil. Dritter Abschnitt.
der Gebiete und somit den Durchgang durch das wegen seines Klimas gefährliche
Küstengebiet (s. S. 85) oder durch den öden Sandgürtel bilden. Bisher geschieht
die Warenbeförderung noch zum größten Teil mittels Träger auf schmalen Saum-
psaden, da auch die Beförderung durch Tierkraft gerade in den Küstenstrichen
der Tsetsefliege wegen unmöglich ist. Nun ersetzt ein einziger Eisenbahnwagen
300 Träger, und allein in Ostafrika sind ungefähr 100000 Eingeborene als
Träger tätig, die dadurch der eigentlichen Wirtschaftsarbeit verloren gehen. Der
Transport der Warenbeförderung aus dem Innern wird so kostspielig, daß nur
hochwertige Waren (Elfenbein) für den Export zur Küste gelangen können, daher
liegen die wirtschaftlichen Kräfte dieser Gebiete noch zum großen Teil unbenutzt.
Der Anfang zum Bahnbau ist bereits gemacht, und der Reichstag hat im
Mai 1908 noch eine Reihe weiterer Strecken bewilligt, die jetzt im Bau be-
findlich sind (s. Tabelle S. 86 u. 87). In den einzelnen Kolonien finden wir
außer einigen privaten Klein- und Drahtseilbahnen folgende Linien:
In Ostafrika führt von dem Hafenplatze Tanga die Nordbahn durch
Ufambara nach Mombo und wird jetzt weitergebaut bis nach Moschi. Sie
erschließt eins der wirtschaftlich wichtigsten Gebiete der Kolonie und soll später
bis zum Viktoriasee weitergeführt werden, um den Handel Deutfch-Ostasrikas
wieder von der benachbarten englischen Ugandabahn auf deutsches Gebiet zu
lenken. Von dem Regierungssitz Daressalam aus wird die Zentralbahn eine
Verbindung mit dem Haupthandelsplatz im Innern, Tabora, herstellen und
vielleicht später auch bis zum Tanganjikasee weitergeführt werden. Geplant ist
weiter eine Südbahn, die von dem Hafenplatze Lindi zum Njassasee führen soll.
Die Seen selbst sind wichtige Verkehrsstraßen und werden zum Teil schon von
deutschen Dampfern befahren.
Die Bahnen in Deutsch-Südwestafrika dienen außer wirtschaftlichen
auch militärischen Zwecken. Im Süden verbindet eine Bahn die Lüderitzbucht
mit Keetmannshoop, und von ihr aus ist am Großen Fischfluß entlang eine
Zweiglinie nach Süden bis Warmbad gebaut worden. Von Swakopmund aus
stellt eine Linie die Verbindung mit dem Regierungssitz Windhuk, eine andere
mit dem Bergwerksbezirk Otavi her.*)
Der Regierungssitz Buea in Kamerun besitzt keine Bahnverbindung. Die
beiden Bahnlinien dieser Kolonie gehen von dem Hafenplatze Duala aus. Die
fertige Strecke verbindet Duala mit dem Gebiet des Mangubaberges, die noch
im Bau befindliche Linie führt über Edea nach Widimenge am Nyongfluß, der
von hier ab 200 km weit aufwärts schiffbar ist.
In Togo ist der Haupthafen Lome mit dem zweiten Küstenplatz Anecho
durch eine Bahn verbunden. Von Lome aus geht eine Linie nach Palime bei
dem fruchtbaren Mifahöhe, eine zweite, ebenfalls in Lome beginnende Linie
wird noch weiter in das Innere nach Atakpame gebaut.
Unsere Südsee-Kolonien besitzen zwar keine Eisenbahnen, jedoch gestatten
hier die Flüsse zum Teil die Schiffahrt, so ist der Kaiserin Augustasluß in
*) 1910 ist vom Reichstag die Verbindungsbahn zwischen Windhuk und Keetmanns-
hoop bewilligt worden. Ebenso soll die Linie am großen Fischfluß über Kalksontein hin-
aus bis Warmbad verlängert werden.