C. Wirtschaftliche Gesichtspunkte. 111
Produkte, weshalb die Fruchtwechselwirtschaft im allgemeinen nur in Gebieten
mit dichterer Bevölkerung möglich ist. (Siehe S. 109.)
4. Die Koppelwirtschaft. In manchen Gegenden, wo das Klima den
Graswuchs begünstigt, entwickelte sich die Koppelwirtschaft, auch Feldgraswirt-
schaft genannt. Sie unterscheidet sich von der wilden Feldgraswirtschaft dadurch,
daß das ganze zur Verfügung stehende Land in seste, eingefriedigte Stücke,
„Koppeln" oder „Schläge" genannt, eingeteilt ist, die jedes sür einige Zeit dem
Ackerbau und dann mehrere Jahre der Viehzucht dienen.
5. Die Weidewirtschaft. Dieses Betriebssystem legt den Schwerpunkt
auf die Viehzucht, während der Ackerbau nur für den notwendigen eigenen
Bedarf betrieben wird. Es sindet sich dort, wo das Klima den Graswuchs so
begünstigt, daß die Viehzucht höhere Erträge liefert als der Anbau von Feld-
früchten, besonders also auf den Höhen der Gebirge und in den feuchten Fluß-
Niederungen und Marschen. (Alpen, Friesland.)
6. Die freie Wirtschaft. Als solche bezeichnet man die Betriebsweise,
bei welcher alles pflugfähige Land zum Anbau herangezogen wird, ohne einen
bestimmten Fruchtwechsel innezuhalten. Die Wahl der zu bauenden Pflanzen
richtet sich nach den bestehenden Marktverhältnissen. Man kultiviert das, was
gerade am meisten verlangt wird, wofür die höchsten Preise bezahlt werden.
Die dem Boden sehlende Nährstoffe werden durch entsprechende Düngemittel
ergänzt. Dieses Wirtschaftssystem erfordert äußerst fruchtbaren Boden und
günstiges Klima, sowie leichte Absatzmöglichkeiten. Es findet sich deshalb gern
bei großen Städten, um deren Bedarf an Gemüse und Gartenfrüchten zu decken.
Die freie Wirtschaft stellt an die Kenntnisse und die Kapitalkraft des Unter-
nehmers hohe Anforderungen, verlangt außerdem sehr sorgfältige Arbeit
(Spatenkultur) und eignet sich daher am besten für tüchtige Unternehmer mit
kleinerem und namentlich mittlerem Besitz. Die freie Wirtschaft ist das inten-
sivste Betriebssystem.*) — Wie bereits aus den vorstehenden Schilderungen
hervorgeht, wird nicht ein Betriebssystem vollständig durch das andere verdrängt.
Vielmehr bleiben die älteren Systeme dort bestehen, wo sich sür neuere nicht
die geeigneten Grundlagen finden. Dasselbe gilt auch von den gewerblichen
Betriebssystemen.
c) Die gewerblichen BetriebsTyfteme. Die industrielle oder gewerb-
liche Betätigung der Menschen reicht bis in die Uransänge der Kultur zurück;
sie ist sogar älter als die Landwirtschaft. Auch bei der Industrie läßt sich die
Entwicklung zu immer intensiveren Betriebssystemen verfolgen.
1. Das Hauswerk. Darunter versteht man die gewerbliche Arbeit
der Haus- oder Familienmitglieder für den eigenen Bedarf des
Hauses aus selbsterzeugten Rohstoffen, z. B. die Herstellung der leinenen
Kleidungsstücke aus selbstgebautem Flachs. Es ist das bezeichnende Betriebs-
system der Zeit, als die Menschen noch ihren ganzen Bedars jeder Art durch
die Arbeit der eigenen Hausgenossen deckten (Stufe der gefchlossenenen Hauswirt¬
*) Bei der Dreifelderwirtschaft genügen durchschnittlich 5—8 ha zur Erhaltung einer
Fannlie, bei der Fruchtwechselwirtschaft 4—5, bei der Spatenkultur 1 ha.