Full text: Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftskunde der außerdeutschen Länder (Bd. 2)

II. Wichtige industrielle Rohstoffe. 135 
deren eigene Industrie aber noch so gering ist, daß sie diese wichtigen Rohstoffe 
nicht selbst verarbeiten können. Für den Weltmarkt sind die bedeutendsten 
Lieferanten Britisch-Jndien, Argentinien, Uruguay, Brasilien, Australien, China, 
Neuseeland und Britisch-Südasrika, sowie die meisten mittelamerikanischen Staaten 
und westindischen Inseln. Kalkutta, Madras, Buenos Aires und Montevideo 
sind die bedeutendsten Ausfuhrplätze, von denen die Waren nach den Ver- 
einigten Staaten, besonders aber nach Westeuropa verschifft werden, wo Groß- 
britannien, Deutschland und Frankreich trotz ihrer eigenen großen Viehzucht als 
die größten Abnehmer auftreten. Hamburg, Havre, Antwerpen, London und 
Liverpool bilden die Hauptmärkte Europas. 
2. Wolle. Wollten wir die Länder nach der Größe ihrer Schafhaltung 
ordnen, so würden wir hinsichtlich ihrer Bedeutung sür den Wollhandel ein 
ganz falsches Bild erhalten, da ein Teil dieser Länder sehr viel Wolle selbst 
verarbeitet, ein anderer neben der Wollgewinnung eine starke Zucht von Fleisch- 
schasen betreibt. Nach der Größe der Schafhaltung wären folgende Länder die 
wichtigsten: Argentinien, Australien, Rußland, die Vereinigten Staaten, Groß- 
britannien, Neuseeland, Uruguay, die Balkanstaaten, Frankreich, Britisch-Jndien, 
Spanien, das Kapland, Algerien, Ungarn und Deutschland. Dagegen haben 
wir für die Versorgung des Weltmarktes mit Wolle folgende Reihenfolge auf- 
zustellen: Australien mit 1U—Vö der Weltproduktion, Argentinien mit ^/g, 
Britisch-Südasrika mit vielleicht ^20, serner Britisch-Ostindien, Russisch-Zentral- 
asien, die Balkanstaaten, Algerien und Spanien. 
Fast alle in den Handel kommende Wolle findet ihren Absatz in den großen 
Industriestaaten Westeuropas. Die Gesamteinfuhr nach Europa betrug 1906 
über 3 Millionen Ballen. Davon stammen sast 60 °/0 aus Australien, 14 °/0 
aus den La Plata-Staaten, 7,5 °/o aus der Kapkolonie. Die wichtigsten Aus- 
fuhrhäfen sind Sydney und Melbourne in Australien, Buenos Aires und 
Montevideo in Südamerika, Port Elizabeth in der Kapkolonie. Den größten 
Wollverbrauch hat Großbritannien. Daher ist London der Hauptwollmarkt. 
Die anderen bedeutenden Einfuhrhäsen Europas sind Bremen, Antwerpen, 
Liverpool, Havre und Marseille. 
Die Eigenschaften der Wolle hängen von der Schafraffe ab. Das ursprünglich 
fpanifche Merinoschaf mit seinen zwei Stämmen, dem Electoral- und dem Negretti- 
schas, gibt die beste Wolle. Durch Kreuzung der übrigen Schafrassen mit Merinos oder 
durch Kreuzung mit Mischlingen hat man zahlreiche Rassen erzielt, die geschätzte, feine, 
lang- oder kurzhaarige Wolle liefern. 
Wie wir fchon im Band I, Seite 167 gesehen haben, ist die Länge der Wolle und 
die darauf fußende Einteilung in Streich- und Kammwolle für die Industrie von ein- 
schneidender Bedeutung. Außerdem wird der Wert durch Feinheit, Kräuselung und Treue 
der Wolle bestimmt. Feinheit und Kräuselung stehen miteinander in Zusammenhang, 
insofern mit der Feinheit auch die Zahl der Kräuselungen zunimmt. Nach der durch den 
Wollmesser festgestellten Zahl der Kräuselungen, die auf einen Zentimeter gehen, hat man 
folgende Qualitätsklassen unterschieden: Super-super-Eleeta, Super-Electa, Electa, Prima I, 
Prima II, Sekunda, Tertia und Quarta. Die beste Sorte hat 12 und mehr Kräuselungen 
auf 1 cm, die geringste 5. Unter Treue versteht man die Gleichmäßigkeit der Wollhaare 
im Durchmesser und in der Kräuselung. 
Da die Wolle bis zu 40°/<> ihres Gewichts Wasser aufnehmen kann, ohne sich fettig 
anzufühlen, also sehr hygroskopisch ist, ist es beim Handel notwendig, ihren Wassergehalt
	        
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