Buschmann: Die Athem c.Solon. Duncker: Die Erziehung d. Jugend in Athen. 177
Unterkleid (Chiton). Die Vornehmen ließe:: ihre Kinder durch einen
Sklaven, den Pädagogen, begleiten, der die Aufsicht über den Knaben
auf der Straße zu führen hatte und berechtigt war, Gehorsam auch
durch Schläge zu erzwingen.
In der Schule nlußten die Knaben anständig sitzen, und die Lehrer
gaben acht, daß die Jungen keine Torheiten trieben. Der Kitharist
sprach ihnen zuerst einfache Lieder vor, die sie behalten und her¬
sagen mußten; dann hatten sie deren Weisen zu lernen. Den Inhalt
der Lieder bildeten Lob und Anrufungen der Götter (Hymnen) oder die
Denksprüche weiser Männer, die Taten und nützlichen Reden der Alten.
Eines der ersten Lieder, welche die Knaben bei::: Kitharisten zu lernen
und zu singen hatten, lautete: „Pallas, furchtbare Städtezerstörerin,
du Kriegslärm erregende Göttin, hehre, den Feind abwehrende Tochter
des großen Zeus, dich rufe ich, die Rossebändigerin, die edelste Jungfrau!"
Vom Kitharisten gingen die Knaben in die Ringschule (Palästra)
zun: Pädotriben. Die Ringschulen waren zahlreich und wenigstens zum
Teil auf öffentliche Kosten erbaut. Die Knaben fingen mit Turnspielen
an. In zwei Abteilungen aufgestellt, suchten sie, einander über eine
bestinunte Linie hinüberzuziehen. Auch das Ballspiel wurde fleißig
betrieben. Nach den leichteren Übungen des Hüpfens folgte das Laufen
und der Sprung, während die Arme auf mancherlei Weise, auch durch
das Emporklimmen an Seilen gestärkt wurden. Neben dem Laufen,
Springen, Ringen, Werfen wurde dann das Schwimmen sehr eifrig
geübt. Auch in den Ringschulen wurde auf anständige Haltung der
Knaben gesehen. Schläge wurden hier so wenig als beim Kitharisten
gespart. Nach den Übungen der Ringschule folgte das Frühstück.
Gegen Abend wurde die Palästra zum zweiten Male besucht, worauf
dann nach dem Schluß bei Sonnenuntergang das Abendessen folgte,
bei dem die Kinder öfter ihre Fortschritte den Eltern zeigen mußten.
An dem Feste des göttlichen Vorstehers der Ringkunst, des Hermes,
hatten dann die Knaben, nachdem dem Gotte geopfert worden war,
öffentlich vor der ganzen Gemeinde zu zeigen, was sie in der Palästra
gelernt hatten; an dem Feste der Musen, wie weit sie es in der Musik,
d. h. im Gesang von Hymnen gebracht hatten.
Diejenigen Eltern, die ihren Söhnen eine gute Erziehung geben
lassen konnten, schickten sie zum Grammatisten. Seitden: das attische
Volk ein geschriebenes Recht erhalten hatte, war für jeden, der einst
irgend eine Stellung in diesem Gemeinwesen einnehmen sollte, die
Kenntnis des Lesens unentbehrlich. Der Grammatist brachte den
Knaben die Elemente der Buchstabenkunde bei, indem er die Buch¬
staben vorschrieb, die Schüler sie nachzeichneten. Diese Kenntnis er¬
hielt sogleich dadurch einen höheren Wert, daß die Knaben auch das
Paldamus, Deutsches Lesebuch. Ausg. 6. Quinta. 12