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von Grün entblößt, nackter nnd schrecklicher wäre als die große 
niederungarische Ebene. Wenn das Frühjahr mit wohlthätigem Regen 
eintritt, so schießt überall, wo das Land noch Steppe oder Pußte 
ist, kräftiges Gras üppig empor. In wenigen Tagen ist alles grün, 
und jede Hand greift zu Pflug und Egge, um in eilender Arbeit die 
Saat in die Erde zu bringen. Denn gar bald sinkt die Sonnenglut 
verdorrend nieder und weicht nicht mehr. Dann wird der Erd- 
boden hart wie Stein, Gras und Kräuter sinken zusammen, und 
die weite Fläche erscheint braun, grau und schwärzlich. Lange 
Wochen und Monate lechzt alles nach Regen. Der ungarische Berg- 
gürtel hält die Wolken ab, und wenn auch eine über die Wälder 
hereinstreift, verdunstet sie in dem kochenden Kessel sehr schnell. Leicht 
kann eine Dürre eintreten, so schrecklich und sengend, daß das Vieh 
die elenden, halbverfaulten Strohdächer abnagt, und der Mensch sich 
vor der peinigenden Glut in die Erde verkriechen möchte. Auf den 
knrzen Herbst, welcher die Hitze mildert und das Gras wieder her- 
vorrust, folgt ein strenger Winter, der mit seinen Regengüsseu ent- 
weder das Land in tiefe Moräste verwandelt oder mit eisigen Stürmen 
und strenger Kälte heimsucht. Dann wird die ganze Ebene völlig 
uuwirtbar uud unwegsam. 
Das ist das vielgenannte Pußtenland. In frühern Zeiten war 
es noch viel trauriger damit bestellt; denn damals sah man fast 
nichts als nackte, offene Heide, die zur Viehhut diente, uud jeder 
Edelhof und jede Gemeinde nannte ihren Anteil daran ihre Pußta. 
Das ist in neuerer Zeit anders geworden. Die Fläche der Pußten 
hat sich verkleinert, die Zahl aber mehr als verzehnfacht, und jetzt 
haben sie durchgängig das Notdürftigste an Baulichkeiten, ein Gerüst 
zum Maistrocknen, einen offenen Dreschplatz und eine Hütte nebst 
Schuppen. Ungarn ist von der Viehzucht zum Ackerbau übergegangen. 
Die Viehherden werden immer kleiner; in vielen Gegenden klingt die 
Erzählung von ihren frühern Massen heute schon wie eine Sage aus 
alter Zeit. Statt des harten Grases, des struppigen Schilfes, der 
hohen Unkrautstauden, welche früher die Pußten bedeckten, breiten 
sich jetzt weithin goldene Saatfelder aus; nicht aber gedeihen Bäume
	        
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