§ 16. Die Nibelungen.
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12. Das Ende der Burgunden. Bald zeigte sich Kriemhildes feind¬
liche Gesinnung. In einem großen Saal legten sich die Burgunden zur:
Nachtruhe nieder. Hagen setzte sich als Wächter an die Tür, und neben
ihm nahm sein treuer Freund Volker, der Spielmann, Platz. Volker griff
zur Fiedel und spielte den Müden manch süßes Schlummerlied. Da ertönte
Waffengeklirr, Kriemhildes Mannen nahten, um die Burgunden zu über-
fallen. Doch als sie deren Wächter sahen, entfernten sie sich wieder.
Als am nächsten Mittag die Burgundenfürsten an Etzels Tafel saßen,
entbrannte der 5tarnpf. Die Mannen der Burgunden wurden in ihrer
Herberge von Hunnenscharen überwältigt und niedergemacht. Durch seinen
Bruder erhielt Hagen an Etzels Tafel die traurige Kunde. Da sprang
er auf und schlug Etzels und Kriemhildes Sohne den Kopf ab. Das war
das Zeichen zum Entscheidungskampf. Die Burgunden bemächtigten sich des
Saales und verteidigten sich dort gegen alle Angriffe. Am Abend ließ
Kriemhilde den Saal in Brand stecken. Da entstand eine fürchterliche
Hitze, und glühende Feuerbrände fielen von der Decke herab. Doch die
Burgunden schützten sich mit ihren Schilden und überstanden die ent-
schliche Nacht.
Nun mahnte Kriemhilde Rüdiger an den Schwur, den er ihr im
Burgundenlande geleistet hatte. So mußte auch er wider seinen Willen
das Schwert gegen seine burgundischen Freunde erheben. Hagens Schild
war zerhauen; in edler Selbstverleugnung reichte ihm Rüdiger seinen
eignen. Dann maß er sich mit Gernot im Zweikampf, und beide gaben
sich gegenseitig den Tod.
Endlich beteiligten sich ohne Wissen Dietrichs auch die Goten am
Kampf gegen die Burgunden. Von diesen blieben nur Gunther und Hagen
am Leben. Doch auch Dietrichs Mannen waren bis auf den alten Hilde-
brand alle gefallen. Um sie zu rächen, griff nun auch Dietrich zu den
Waffen; er nahm die beiden letzten Burgunden nach heißem Kampfe ge-
fangen und überlieferte sie Kriemhilde. Als diese von Hagen zu wissen
begehrte, wo der Nibelungenschatz verborgen sei, entgegnete derselbe, er
habe geschworen, keinem Menschen die Aufbewahrungsstätte des Schatzes
zu entdecken, solange noch einer seiner Herren am Leben sei. Deshalb
ließ die entartete Kriemhilde ihrem Bruder Gunther das Haupt abschlagen.
Aber nun weigerte sich Hagen erst recht, den Ort des Schatzes zu nennen.
Da schlug sie selbst dem Mörder ihres Gatten mit Siegfrieds Schwerte
den Kopf ab. Doch der alte Hildebrand ergrimmte darüber, daß solch ein
eld durch ein Weib den Tod gefunden hatte, und tötete sie gleichfalls,
o nahm Etzels Fest ein trauriges Ende.