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darauf? Welche Wirkung übten diese wenigen Worte auf die rohen 
Menschen? Warum wichen sie zurück und fielen zu Boden? Sie find 
ja nur gewöhnt, Sünder zu fangen und zu binden. Das; dieser Manu 
es sei, den sie gefangen nehmen sollten, das wagt keiner zu denken. 
Plötzlich aber spricht der Herr, was sie nicht erwartet: „Ich bin's!" 
Da weichen sie angstvoll zurück; ja sie können es nicht lassen, fie fallen 
vor Furcht auf den Boden, wie Sklaven vor ihrem Herrn. Der Herr 
könnte jetzt mitten hindurch gehen, und keiner würde ihn antasten. Er 
that es aber nicht und zeigte damit, daß er nicht gezwungen, sondern 
freiwillig in den Tod gehe. Er will als rechter Hoherpriester für die 
Sünden der Menschen sterben; darum redet er die Kriegsknechte aber¬ 
mals an und fragt sie: „Wen suchet ihr?" Da sagen sie es ihm noch 
einmal: „Jesum von Nazareth." Sie meinen, er könne sie wohl nicht 
richtig verstanden haben; denn er könne wohl nicht der Verbrecher sein, 
den sie suchen und fangen sollen. Doch, was antwortet ihnen der 
Herr? „Ich habe es euch gesagt, daß ich es sei; suchet ihr mich, so 
lasset diese (seine Jüuger) gehen." Da sie ihn nicht kennen und auch 
nicht glauben wollen, daß er der Herr Jesus sei, so hätte es leicht ge¬ 
schehen können, daß einer der Jünger ergriffen worden wäre. Das will 
der Herr nicht. Es ist also seiue erste Sorge, sie zu retten. 
Noch immer aber ergreifen ihn die Kriegsknechte nicht, noch immer 
stehen sie unentschlossen voll Furcht vor ihm; da tritt der Verräter 
heran und macht ihnen Mut. Vorher schon hatte der Verräter ihnen 
das Zeichen angegeben. Was hatte er zu ihnen gesagt? „Welchen ich 
küssen werde, der ist es, den greifet." Und alsobald trat er nun zu 
Jesus. Mit welchen Worten? „Gegrüßet seist du, lieber Meister!" 
und küßte ihn. Er stellt sich so freundlich, thut, als hätte er den Herrn 
sehr lieb. Allein dieser sieht nicht bloß, was vor Augen ist, sondern 
sieht das Herz an. Er sah die Lüge und den Betrug. Ein anderer 
hätte wohl den Verräter von sich gestoßen; aber der sanftmütige Herr, 
der auch seine Feinde liebt, spricht nur ein ernstes Wort. Was ant¬ 
wortete er dem Verräter? „Judas, verrätst du des Menschen 
Sohn mit einem Kuß?" 
An dem Kusse des Judas erkennen die Kriegsknechte, daß der, 
welcher sie gefragt, wirklich der Jesus ist, den sie ihrem Herrn bringen 
sollen. Was thun sie jetzt? Warum binden sie ihn? Konnte er sich 
denn nicht befreien? Jesus wollte es nicht, wie wir schon vorhin bemerkt 
haben: er wollte freiwillig für uns in den Tod gehen. (Wangemann.)
	        
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