XI. Geistliche Lyrik.
427
In der Geschichte Posaunenschall,
In deines Herzens innerstem Wall?
Allüberall, allüberall!
Wie einst im flammenden Dornen¬
strauch i),
Wo du ihn suchst, da ist er auch-)!
Friedrich Marx.
369. Gott, der Erhalter.
Kein Tierlein ist aus Erden
Dir, lieber Gott, zu klein!
Du ließt') sie alle werden,
Und alle sind sie dein.
Zu dir, zu dir
Ruft Mensch und Tier;
Der Vogel dir singt,
Das Fischlein dir springt,
Die Biene dir brummt,
Der Käfer dir summt,
Auch pfeifet dir das Mäuslein klein:
„Herr Gott, du sollst gelobet sein!"
2>Das Vöglein in den Lüften
Singt dir aus voller Brust:
Die Schlange in den Klüften
Zischt dir in Lebenslust.
Zu dir, zu dir u. s. w.
3. Die Fischlein, die da schwimmen,
Sind, Herr, vor dir nicht stumm,
Du hörest ihre Stimmen,
Vor dir kommt keines um.
Zu dir, zu dir u. s. w.
4. Vor dir tanzt in der Sonne
Der kleinen Mücken Schwarm;
Zum Dank für Lebenswonne
Ist keins zu klein und arm.
Zu dir, zu dir u. s. w.
5.Sonn', Mond gehn auf und unter
In deinem Gnadenreich,
Und alle deine Wunder
Sind sich an Größe gleich.
Zu dir, zu dir u. s. w.
6. Zu dir muß jedes ringen,
Wenn es in Nöten schwebt,
Nur du kannst Hilfe bringen.
Durch den das Ganze lebt.
Zu dir, zu dir u. s. w.
7. In starker Hand die Erde
Trägst du mit Mann und Maus,
Es ruft dein Odem: „Werde!"
Und bläst das Lichtlein aus.
Zu dir, zu dir u. s. w.
8. Kein Sperling fällt vom Dache
Ohn' dich, vom Haupt kein Haar^);
O teurer Vater, wache
Bei uns in der Gefahr3)!
Zu dir, zu dir u. s. w.
C. Brentano.
370. Der Morgenstern.
1. Wenn ich in stiller Frühe
Vom Schlummer aufgewacht,
Blick' ich empor, und siehe
Des Morgensternes Pracht!
Mit sanftem Glanz begegnet
Sein heitres Auge mir:
So bin ich früh gesegnet!
Mein Gott, ich danke dir.
2. In Nacht und Schlummer liegen.
Das schufst du mir nicht an:
Ein Licht ist aufgestiegen,
Da man nicht schlummern kann.
O selig, wer zum Lichte
Durchdrang aus seiner Nacht
Und vor dem Angesichte
Der ew'gen Sonne wacht!
3. Ich freue mich in Thränen,
Daß ich geboren bin.
Mich zieht zu dir ein Sehnen,
Dich Liebe zu mir hin.
Geh auf nach Gram und Schmerzen,
Und bleibe nimmer fern,
Geh auf in meinem Herzen,
Du heller Morgenstern!
A. Knapp.