Die neuere Zeit.
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Waffenruhm gewonnen hatten, Unterthanen zweier Fürsten, die, wie
einst Heinrich der Löwe und Friedrich Barbarossa, Geschwisterkinder
und in früheren Jahren durch Freundschaft verbunden gewesen
waren. Glänzend bewährte sich die althannöversche Tapferkeit. Die
Hannoveraner siegten, aber Schlacht und Sieg waren unnütz.
Während des notwendigen Ruhetages rückten neue und neue Preu-
ßische Truppen an; die Armee sah sich von allen Seiten einge-
schlössen und mußte kapituliren. Das war das dritte Mal seit
hundert Jahren, daß die Armee — nicht durch ihre Schuld —
solches erleiden mußte. Mit dem Stabe in der Hand kehrten unsere
tapferen Krieger heim.
König Georg begab sich nach kurzem Aufenthalte in Thüringen
nach Wien zu seinem Bundesgenossen, dem Kaiser von Oesterreich,
der ihm schon m Hannover die Versicherung gegeben hatte, daß
Hannover für seine Selbständigkeit nichts zu fürchten habe, so
lange er noch einen Mann aus den Beinen habe. Dieser Schritt
des Königs erregte bei den Hannoveranern große Mißstimmung;
man hatte erwartet, der König werde sich nach Pyrmont begeben
und von dort aus Unterhandlungen mit Preußen beginnen, um
etwa durch eine Abdankung zu Gunsten des Kronprinzen eine theil-
weise Selbständigkeit des Königreiches zu retten. Nun folgten die
gewaltigen Schlachten in Böhmen und Mähren, durch welche in
wenigen Wochen die Oesterreichische Armee der völligen Auslösung
nahe gebracht wurde. Oesterreich mußte sich glücklich schätzen, ohne
Gebietsverlust den Krieg beendigen zu können, und scheint keinen
ernstlichen Versuch gemacht zu haben, für Hannover etwas zu thun.
Am 3. Oktober 1866 erklärte König Wilhelm das Königreich
Hannover als von nun an mit Preußen vereinigt und nahm feierlich
davon Besitz unter dem Versprechen, die bestehenden, bewährt ge-
fundenen Einrichtungen möglichst schonen und uns ein milder, gnä-
diger König sein zu wollen. Es ist ihm gewiß schwer geworden,
einem Königreiche ein Ende zu machen, dessen Beherrscher seit fast
800 Jahren durch allen Wechsel der Zeiten hindurch mit ihrem
Volke verwachsen waren, und einen Herrscher, der ihm so nahe ver-
wandt war, das bittere Brot der Verbannung essen zu lassen, aber
es schien andererseits eine unabweisliche politische Notwendigkeit,
einem Staate ein Ende zu machen, auf dessen Willfährigkeit und
treues Zusammengehen er nicht mit vollkommenster Sicherheit rechnen
konnte. Es war besonders wohl die Rücksicht auf den von jeder-
mann vorhergesehenen Kampf mit Frankreich, der ihn bestimmte, sich
an der Nordsee eine starke Stellung zu verschaffen, um hier nicht
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