Full text: Abriß der Weltwirtschaftskunde

A. Wolle. 
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Das Vlies. Das Gewicht eines Vlieses schwankt je nach Alter, Rasse 
und Pflege zwischen l1/* und 6 kg; die reichsten Erträge liefert das Schaf 
etwa im 6. Jahre. In dem Gewicht der Wolle ist allerdings der Gehalt an 
Schmutz, Schweiß und Fett (aus den Hautporen) mitgerechnet, der bis 
über 2/s des Gesamtgewichtes betragen kann. Derartige Wolle führt im Handel 
den Namen Schweißwolle. Je 5—7 Vliesen werden zu einem Ballen 
vereinigt und gelangt zum weitaus größten Teil in dieser Form zum Export, 
Rückenwäsche. Ein kleinerer Teil der Wolle wird kurz vor der Schur 
(Rückenwäsche) oder nach derselben in warmem Wasser gewaschen, wobei in 
der Wolle noch 3—25°/» Schmutz und Fett verbleiben. Derartige Wolle führt 
im Handel den Namen „scoured" (das Wort ist englisch, ein deutscher Aus- 
druck fehlt). 
Wollwäscherei. Die gründliche Reinigung der Wolle findet in der 
Wollwäscherei statt, die entweder einen selbständigen Betrieb darstellt oder mit 
der Spinnerei verbunden ist. Das Waschen von Streich- und Kammwolle 
findet in gesonderten Betrieben statt, da die Streichwolle leicht verfilzt, Kamm- 
wolle besonders schonend behandelt werden muß. 
Besondere Sorgfalt muß bei der Wäsche auf die Beseitigung der Kletten verwandt 
werden, die häufig sehr schwer zu entfernen sind. 
Das Waschwaffer wird aufgefangen, um die darin enthaltenen Bestandteile zu 
gewinnen. Die Seife wird wieder ausgeschieden, der Schweiß liefert Pottasche, das 
Wollfett Lanolin (Hautcreme), und aus den ausgeschiedenen Fettsäuren wird Leuchtgas 
gewonnen. 
Garne. Die gewaschene Wolle wird auf Garn verarbeitet, d. h. gesponnen, 
wobei wiederum Streichgarn-"und Kammgarnbetriebe getrennt sind. Der Ver- 
lauf der Arbeit ist indes in den Grundzügen in beiden Betrieben derselbe. 
Bei Kammgarn wird die Vorarbeit, das Kämmen der Wolle, das die 
Fasern alle in gleiche Richtung legen soll, vielfach in besonderen Wollkämmereien 
vorgenommen, deren Erzeugnis — der Kammzug — einen bedeutenden Handels¬ 
artikel bildet. Das Haar wird in Krempelmaschinen glatt gelegt, zu einem Flor 
(breites Watteband) vereinigt, gestreckt, verdoppelt und zu einem lockeren Garn, 
dem Vorgarn, zusammengelegt. 
Bei Streichgarn tritt an die Stelle des Kämmens ein Kratzen, im übrigen 
verläuft der ganze Prozeß etwas einfacher. Das gewonnene Vorgarn wird auf 
dem mechanischen Webstuhl zu Garn gesponnen, dessen Numerierung derjenigen 
der Baumwolle (vergl. S. 46) entspricht. 
Gewebe. Die Garne werden zum größten Teil zu Geweben verarbeitet, 
wobei die Streichgarne gefilzte Gewebe liefern, von denen die wichtigsten 
Buckskin, Flanell, Lama und Fries sind. Die Kammgarnstoffe werden viel- 
fach unter Zusatz von Alpaka, Mohair, Seide oder Baumwolle hergestellt. Die 
bekanntesten von ihnen sind Moire, Krepp, Musselin, Kaschmir, Damast und 
Konfektionsstoffe. 
Kunstwolle entsteht durch Zerfasern von Woll-Lumpen und Webereiresten. 
Auch Halbwolle, d. h. Stoffe, die teils aus Wolle, teils aus Baumwolle be- 
stehen, finden Verwendung. 
Eckard t, Weltwirtschaftskunde. 6
	        
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