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hinter Deutschland zurück. Tabak und Wein liefern besonders Bessarabien und die Halb-
insel Krim. — Trotz des gewaltigen Holzverbrauches im Lande (zum Häuserbau. als
Baumaterial) kann Rußland noch jährlich für 250—300 Mill. Mk. Holz ausführen. Leider
herrscht infolge der rücksichtslosen Raubwirtschaft eine fast beispiellose Waldverwüstung; auch
der Reichtum der nordischen Wälder an Pelztieren ist sehr zurückgegangen.
Die Viehzucht wird in ausgedehnten! Maße betrieben. Nach der Zahl der Haustiere
behauptet Rußland in Europa den ersten Platz. Doch läßt die Qualität viel zu wünschen
übrig. Am höchsten ist die Viehzucht in den Ostseeprovinzen entwickelt (viele Molkereien,
Butterausfuhr). Die nomadisierenden Völker der Steppe treiben hauptsächlich Pferde-, Schaf-,
und Kamelzucht, der Norden züchtet Renntiere. Große Erträge auch für die Ausfuhr liefern
die Geflügel- und die Bienenzucht.
In den fischreichen Binnengewässern wird eine bedeutende Fischerei betrieben, besonders
im Gebiet der Wolga und im Kaspischen Meere. Die wichtigsten Fischereiprodukte für die
Ausfuhr sind Kaviar (Astrachan!) und Hausenblase.
Bergbau. Die reichen Mineralschätze Rußlands werden noch nicht in
genügender Weise ausgenutzt. Ungünstig ist die ungleiche Verteilung über das
Land; der ganze Norden ist arm an Bodenschätzen. .
Vier Hauptbergbaugebiete: r
1. der mittlere llral: Platin, Gold/ Eisenerze, Kohlen, Kupfer- und Manganerze
Steinsalz, Schmucksteine. Die wichtigste Bergwerksstadt ist Jekateriuburg.
2. Mittelrußland: Steinkohlen- und Eisenerzlager bei Moskau und Tula.
3. das südrussische Steinkohlen-und Eisenerzgebiet amDonez und Dnjepr,
< (Jekaterinoslaw).
4. Südpolen. Fortsetzung der oberschlesischen Steinkohlen-, Zink- und Eisenerzlager.
In der Platingewinnung ist Rußland bei weitem das erste Land der Welt, in
der Goldgewinnung behauptet es in Europa den ersten, in der Welt den vierten Platz.
Eisen (3,6 Mill. t) und Kohlen (26,6 Mill. t)^) genügen nicht dem Bedarf und müssen aus
Deutschland, England und Österreich eingeführt werden.
Industrie. Große Bedeutung hat für Rußland die Hausindustrie; sie ist vornehmlich
im Gebiete des Ackerbaues verbreitet. Wichtige Zweige der Hausindustrie sind Weberei, Leder-
sabrikation, Holzschnitzerei, Töpferei und Herstellung von Metallarbeiten (Tulafilber, Samo-
wäre). — Die Großindustrie hat in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe des ausländischen (be-
sonders französischen) Kapitals große Fortschritte gemacht. Die Regierung sucht ihre Ent-
Wicklung durch hohe Schutzzölle, durch Zuwendung großer Aufträge (z. B. für den Eisenbahn-
bau), durch den Ausbau des Verkehrswesens und durch die Erschließung weiter Absatzgebiete
in Persien, Nord- und Mittelasien eifrig zu fördern.
Mit der westeuropäischen Fabrikindustrie kann die russische keineswegs
in Wettbewerb treten, wohl aber vermag sie den Bedarf an gröberen Waren
für die russische Bauernbevölkerung größtenteils zu decken. Die Großindustrie
ist auf wenige Gebiete beschränkt; ihre Hauptzweige sind Textil- und Metallindustrie.
Baumwollindustrie: Lodz, Warschau—Moskau, Wladimir—St. Petersburg. */s der
verarbeiteten Rohbaumwolle liefern Russisch-Zentralasien und Kaukasiei^^Wollindustrie
hauptsächlich in Moskau, Leinen- und Hanfindustrie in den Ostseeprovinzen.^. Die Eisen-
industrie ist vornehmlich in den Kohlen- und Eisenerzgebieten und in den großen Hafen-
Plätzen entwickelt: 1. Mittelrußland mit Moskau, Tula (große Gewehrfabriken) und Kaluga;
2. das Donezbecken mit Jekaterinoslaw nnd dem nahe gelegenen Odessa; 3: der mittlere
Ural mit Perm und Jekaterinburg; 4. St. Petersburg. Feine Lederwaren (Juchteu, Saffian)
liefern Moskau, Kiew, Kasan. Unter den Nahrungsmittelindustrien haben dieLucker-
industrie in Südwest- und Mittelrußland, sowie die Müllereien und die Spiritus- und Brannt-
weinbrennereien große Bedeutung.
Handel und Verkehr. lAem lebhaften Binnenhandel dienen in erster
Linie die zahlreichen Wasserstraßen. Die, wichtigsten Verkehrsströme sind die Wolga
' '
X) Einschließlich asiatische Besitzungen.