98 Die Staaten Europas.
von Eisenbahnen wird die Landwirtschaft mit Erfolg gehoben. Die frncht-
barsten Gegenden sind die Hnertas (Gärten) von Granada, Murcia und Va¬
lencia, die durch ein von den Mauren angelegtes Kanalnetz ungemein reich
bewässert werden und zwei bis drei Ernten geben: Weizen, Mais, Gartenfrüchte.
Die Getreideernten decken jedoch den Bedarf der Bevölkerung nicht voll-
ständig. Von Bedeutuug ist der Weinbau, der jährlich etwa 20 Mill. Iii, also
weit über den eigenen Bedarf erzeugt. Weltberühmte Weinsorten sind die von
Malaga, Jerez (Sherry) und Tarragona. In großen Mengen gedeihen edle
Obstarten: Mandeln, Kastanien, Feigen, Orangen und Zitronen. Oliven, be-
sonders am Mittelmeer angebaut, liefern Ol zur Ausfuhr. In der fruchtbaren
andalnsischen Tiefebene pflanzt man sogar Zuckerrohr an, und bei Elche ge-
deihen Datteln. Für die Ausfuhr wichtig ist der Anbau von Safran und
Espartogras. Von besonderem Werte ist die Korkeiche, die oft weit ausgedehnte
Waldungen bildet x). Die Waldwirtschaft liegt sehr im argen.
Größere Gebiete eignen sich nur als Weideland. Hier betreibt man, be-
sonders im Süden, eine umfangreiche Schafzucht, doch ist die früher be-
rühmte Zucht der Merinos sehr in Verfall gekommen, und die spanische Wolle
wird an Güte von der englischen und deutschen weit übertroffen. Von Be-
deutung ist auch die Riudviehzucht in den nördlichen Gebirgsgegenden, die
Pferdezucht in Andalusien und die Seidenraupenzucht bei Valencia. In
Andalusien züchtet man wilde Stiere für die volkstümlichen Stiergefechte.
Von Belaug ist die Zucht vorzüglicher Maultiere und Esel, die Ziegen-, Ge-
flügel- und Bienenzucht. In der Umgegend von Malaga betreibt man als eine
Spezialität Cochenillezucht.
Spanien ist als das mineralreichste Land Europas zu bezeichnen; aller-
dings werden die reichen Schätze nicht allenthalben voll ausgebeutet, und das
Hüttenwesen ist zum Teil noch mangelhaft. In der Blei- und Quecksilber-
ausbeute übertrifft Spanien sämtliche Staaten Europas. In großen Mengen wird
Kupfer in den großartig angelegten Bergwerken am Rio Tinto in Südspanien
gewonnen. Ferner erzeugt der Bergbau Silber, Eisen, Graphit, Alaun,
Stein- und Seesalz. Vielfach gehen die Erze zur Verhüttung nach dem Aus-
lande: Silbererze nach Freiberg, Eisenerze nach England, Belgien und Deutsch-
land (Krupp in Essen.)
Alle natürlichen Vorbedingungen einer gedeihlichen Entwicklung der
Industrie wären vorhanden; aber es fehlt einerseits an Kapital und Unter-
nehmungsgeist, anderseits an genügenden Verkehrsmitteln und an der Sicher-
heit der politischen Zustände. In den letzten Jahrzehnten jedoch zeigt die
industrielle Tätigkeit, gefördert durch die Fürsorge der Regiemug, die Gewerbe-
schuleu und Fabrik-Elementarsortbildungsschnlen angelegt hat und für gewerbliche
Neuanlagen Subventionen gewährt, merkliche Fortschritte. ' Die wichtigsten
Industriezweige sind Baumwoll-, Woll-, Seiden- und Eisenindustrie, aber
nur die Baumwollindustrie vermag den Bedarf des Landes zu decken, ja sogar
noch zu exportieren. Spezialitäten der spanischen Industrie sind die Kork-
Pfropfenfabrikation, die Espartograsflechterei, die Fabrikation blanker Waffen
(Toledo), die Gold- uud Silberwarenindustrie und die Spitzenklöppelei. In
l) Spanien liefert jährlich für 32 Mill. Mark Rohkorkrinde und Korke.