Full text: [Teil 2 = Für obere Klassen] (Teil 2 = Für obere Klassen)

119. Der große deutsche Urieg von 1866. 
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in den für Deutschland gewonnenen Ländern festen Fuß behalten; und wenn 
König Wilhelm auch nicht abgeneigt war, die Wünsche der Schleswig-Holsteiner 
zu erfüllen und ihnen den Prinzen Friedrich von Augustenburg zum Herzog 
zu geben, so bestand er doch darauf, daß das schleswig-holsteinische Heer einen 
Teil des preußischen bilden und der schöne Kieler Hafen in seiner Hand bleiben 
solle. Damit waren aber die meisten anderen deutschen Fürsten, namentlich der 
Kaiser von Österreich, nicht einverstanden. Aus Eifersucht begünstigten sie jetzt 
die Ansprüche des augustenburgischen Hauses und wollten, daß die Herzogtümer 
unter der Regierung desselben einen vollkommen selbständigen deutschen Klein¬ 
staat bildeten. So ging es nicht länger mit der gemeinsamen Regierung 
Schleswig-Holsteins durch Preußen und Österreich: durch den Vertrag von 
Gastein im August 1865 setzten sie sich in der Weise aus einander, daß 
Österreich das kleine Lauenburg gegen eine Entschädigung von beinahe drei 
Millionen Thalern an Preußen abtrat, Schleswig aber fortan durch einen preu¬ 
ßischen, Holstein durch einen österreichischen Statthalter regiert werden sollte. 
2. Aber auch diese Verabredungen sicherten nicht lange den Frieden. Der 
preußische Statthalter in Schleswig, General von Manteuffel, regierte hier 
mit Festigkeit, aber zugleich mit großem Wohlwollen gegen die Bevölkerung; 
aber unter den Augen des österreichischen Statthalters in Holstein, des Generals 
von Gablenz, geschah vieles, wodurch gegen Preußen Erbitterung hervor¬ 
gerufen ward. Zugleich drängte sich die Entscheidung der Frage heran: wer 
Herr in Deutschland sein solle: das evangelische und reindeutsche 
Preußen oder das katholische und nur zum kleineren Teil Deutsch¬ 
land angehörige Österreich. Das letztere rüstete sich insgeheim, um Preußen 
mit Hilfe anderer deutschen Fürsten gewaltsam niederzudrücken, es. zu zerstückeln 
und zu entehren; gleichzeitig verlangte aber der kraftvolle Graf Bismarck eine 
solche Umgestaltung des deutschen Bundes, daß Preußen dieselben Rechte und 
dieselbe Macht darin erhielte wie Österreich. So war der Krieg unvermeidlich, 
Und es bedurfte nur eines Anlasses, ihn ausbrechen zu machen. Als nun in 
Holstein General von Gablenz die Stände des Landes berief, um mit ihnen 
ohne Preußens Mitwirkung über die Erbfolge zu beraten, erklärte General von 
Manteuffel den Vertrag von Gastein für gebrochen und rückte am 7. Juni 
1866 über die Eider, um Preußens Rechte zu wahren. Gablenz wich ihm 
aus und zog mit seinen 5000 Mann Österreichern nach Altona und von dort 
auf großen Umwegen in seine Heimat. Der Kaiser von Österreich aber über¬ 
trug jetzt gegen seine früheren Zusagen dem Bundestage die Regelung der 
schleswig-holsteinischen Angelegenheit, und am 14. Juni beschloß der Bund 
durch Stimmenmehrheit, die Reichsarmee aufzubieten, um mit Gewalt Preußen 
zum Aufgeben seiner Stellung in Holstein zu zwingen. Damit war der Krieg 
erklärt: mit dem Schwert mußte nun entschieden werden, ob das alte Österreich 
oder das junge Preußen die Geschicke Deutschlands lenken sollte. 
3. Eine bange Stimmung lag aus Norddeutschland: niemand konnte ja 
wissen, wie lange der furchtbare Krieg dauern und welchen Ausgang er nehmen 
würde; auch lag es nahe zu vermuten, daß Frankreich sich in die deutschen 
Händel einzumischen Lust habe. Aber die ersten Erfolge des preußischen Heeres 
ließen die Vaterlandsliebe in hellen Flammen auflodern. Da Sachsen, Kur¬ 
hessen und Hannover es ablehnten, mit Preußen ein Bündnis einzugehen, so 
Deutsche? Lesebuch. H 11
	        
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