Object: Deutsche Sagen und Geschichten aus dem Mittelalter (Teil 2)

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4. Aufser seinen Göttern und Göttinnen kannte der 
Deutsche noch eine ganze Reihe anderer übermensch¬ 
licher Wesen, welche die Kraft besafsen, ihm zu nützen 
und zu schaden. Dahin gehören vor allen die E1 b e n t 
unter ihnen die lichtweifsen, schöngestalteten Elfen, 
die in stiller Nacht auf grünen Waldwiesen und mond¬ 
beleuchteten Höhen ihre Tänze halten. Zu den Elben 
gehörten aber auch die dunklen, unschönen Wichte 
oder Zwerge, ein stilles, gutmütiges, kunstreiches 
Völkchen, welches dem Menschen eine kleine Dienst¬ 
leistung gerne lohnt durch seine übernatürlichen Gaben. 
Denn sie besitzen die Gabe der Weissagung, sind der 
Kräfte der Pflanzen und Steine kundig und kennen die 
geheimen Schätze der Erde. Gleichfalls unter die Elben 
zu rechnen sind die Nixen oder Wasserholden, 
welche in der Tiefe des Wassers wohnen, oft am Mit¬ 
tag auf den Wellen sich wiegen und sonnen, auch 
gerne in die Tänze sich mischen, welche des Abends 
unter der Dorflinde stattfinden; endlich die Haus- und 
Poltergeister, die Heinzelmännchen und Ko¬ 
bolde, die gerne in Haus und Hof ihr stilles Spiel 
treiben, bald gutmütig und hülfreich thätig, bald 
schadenfroh neckend und voll herben Spotts. Alle diese 
Wesen sind um vieles kleiner als der Mensch; aber weit 
über menschliche Gröfse hinaus ragt das Geschlecht der 
Riesen, ein unbändiges Volk, so stark, dafs es Wasser 
aus den Steinen zu pressen, grofse Bäume aus dem 
Boden zu reifsen und gewaltige Felsen zu schleudern 
vermag. Durch ihre Stärke werden sie bei ihrer feind¬ 
lichen Gesinnung Göttern und Menschen gefährlich. Sie 
sind sogar stärker als der Tod, den unsere Stammväter 
als einen milden, doch seines Amtes strenge waltenden
	        
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