Full text: Erdkunde in anschaulich-ausführlicher Bearbeitung (Nr. 6)

lien aus, kehren aber nach einer Reihe von Iahren meistens mit dem Erworbenen in 
die Heimat zurück. 
4. Klima und Pflanzenwelt Chinas. Das Klima Chinas ist im Süden viel heißer 
als im Norden, im Osten (in der Nähe des Meeres) milder als im Westen. (Warum? 
S. 25.) Daher bebaut man die Felder im nördlichen Teile hauptsächlich mit Weizen 
oder Gerste, im südlichen Teile in der Regel mit Reis. Auch Baumwolle und be- 
sonders Thee wird hier im Süden in großen Mengen gebaut. China liefert ja nicht 
nur den besten, sondern auch den meisten Thee und zwar dreimal so viel als alle 
übrigen Theeländer der Erde zusammen. Der auf den Bergen des Südens wachsende 
Maulbeerbaum hat eine so großartige Zucht der Seidenraupe bewirkt, daß China mehr 
als die Hälfte aller Seide der Erde hervorbringt. (S. auch Naturgesch. „Die Seiden- 
raupe" S. 81.) 
5. Die Chinesen gehören der mongolischen Rasse an. Die Männer haben durch 
die hervorstehenden Backenknochen ein fast eckiges Gesicht erhalten, das der Frauen ist 
dagegen auffallend rund. Die Augen sind tief geschlitzt; die Nase ist eingedrückt und 
sehr klein. Das Haar wird bis auf einen Büschel ganz und gar abgeschoren, dieser 
Büschel aber zu einem meterlangen Zopfe geflochten, auf den jeder Chinese überaus 
stolz ist. — Ter Chinese ist sehr arbeitsam, dabei im Essen und Trinken äußerst 
mäßig. In Porzellan, Lackarbeiten und Schnitzereien leistet er ganz Vorzügliches, und 
Pulver, Kompaß und Buchdruckerkunst waren dem Chinesen früher bekannt als dem 
Europäer. Aber der Chinese bleibt beim Alten stehen und schreitet mit der Zeit nicht 
vorwärts. Sogar die 1876 erbaute erste Eisenbahn lag lange Zeit unbenutzt da, weil 
man fürchtete, durch das Geräusch derselben die Ruhe der Toten zu stören. In neuester 
Zeit scheint man jedoch von diesem Glauben zurückgekommen zu sein; denn es sind 
bereits mehrere Bahnen im Bau begriffen. — Die Religion der Chinesen ist ein grober 
Götzendienst. In prachtvollen Tempeln verehrt das Volk fratzenhafte Götzen, deren 
Gunst es durch Opfer zu erlangen sucht; doch verzehrt es das Opfertier selbst. Am 
liebsten bringt man den Götzen Huldigungen, die nicht viel kosten: Verbeugungen, 
Räucherungen, goldne Papierschnitzel, Paukenschläge u. s. w. In jedem Hause befindet 
sich ein Götze, dem die Hausgenossen täglich ihr Anliegen im Gebete vortragen, den 
sie aber auch züchtigen, wenn er ihren Wunsch nicht erfüllt. Schon seit vielen Jahren 
sind zahlreiche Missionare bemüht, die Lehre Christi hier zu verbreiten. Doch haben 
sie einen sehr schweren Stand. Die Priester reizen das Volk häufig gegen sie auf, und 
nicht selten werden sie mit Frau und Kind niedergemetzelt. 
6. Der Kaiser, von den Chinesen „Sohn des Himmels" genannt, ist der höchste 
weltliche und geistliche Herrscher seines Reiches. In den Tempeln sind besondere Altäre 
zu seiner Verehrung errichtet. Sein Regiment ist sehr streng, ein Drache auf seiner 
Brust das Sinnbild dafür. Die Gefangenen werden durch die grausamsten Folter- 
quälen zum Geständnisse gebracht und selbst kleinere Verbrecher gehängt, gepfählt oder 
enthauptet. Daneben spielen das Bambusrohr und die Peitsche eine Hauptrolle bei 
den Polizisten. (Eine der mildesten Strafen veranschaulicht das Bild S. 86.) 
7. Städte. Das außerordentlich stark bevölkerte China hat noch heute die meisten 
Millwnenstädte unter allen Ländern der Welt. Im Norden liegt die Hauptstadt des 
Landes, Peking (1 Va M.). 
Peking hat (wie die meisten chinesischen Städte) die Gestalt eines großen Vier- 
ecks, das von einer hohen und 45 km langen Mauer umschlossen wird. Hier residiert 
der Kaiser, der „Sohn des Himmels", in seinem Palaste, dem „ruhigen Himmels- 
gebiete"; hier auch liegt das „heilige Feld", das der Kaiser selbst beackert. In den 
schmutzigen, uugepflasterten Straßen der Stadt sehen wir neben hohen öffentlichen Ge- 
bänden viele einstöckige Holzhäuser, deren kleine Fenster gewöhnlich mit Papier oder
	        
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