Full text: Hilfsbuch zur Heimatskunde der Provinz Hannover

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Die zweite Marschlandschaft ist das „Alte Land". Es zieht 
sich ebenfalls am linken Elbufer hin, von Harburg bis an die 
Schwinge, uud wird so genannt, weil es schon in alter Zeit ein- 
gedeicht worden ist. Seine Bewohner stammen aus Holland, wie wir 
das sofort an ihren Häusern erkennen; denn anstatt der Pserdeköpse 
treffen wir hier an der Giebelspitze der Häuser, wie iu Holland, 
Schwanenköpfe, und die aus Fachwerk gebauten Wände zeigen, wie 
dort, die verschiedensten Muster in der Backsteinmauer. Die schmucken 
Häuser sind, wie in den Niederlanden, von niedlichen Blumengärten 
umgeben uud Gärten und Hofplatz von Grüben eingefaßt. Bislang 
konnten vier Wörter mit dem Anfangsbuchstaben „W" die hanptsäch- 
lichsten Bodenerzeugnisse bezeichnen: Wald, Wolle, Weizen, Wiesen. 
Das hört aber hier aus; denn in allen Marschländern fehlen Wälder 
uud Wolle; dafür gedeiht iu deu Marschen der Weizen vorzüglich, 
und auf den fetten Wiesen weiden vortreffliche Füllen- und Rinder- 
Herden. Die „Alten Länderinnen" bewahren noch bis heute ihre 
eigentümliche Tracht: Die Tuchjacke ist vorne durch sechs kugelrunde, 
große Knöpfe ^zusammengehalten, der Hals ist mit einer doppelten 
Bernsteinkette geschmückt und das Kopftuch in kunstvoller Weise um 
das Haupt geschlungen. 
Im „Alten Lande" giebt es viele große Obstgärten, in welchen 
vorzugsweise Kirschbäume angepflanzt sind. Die Kirschen werden auf 
eigenen Schiffen nach Hamburg, England und nach den Häfen der 
Ostsee versandt. Groß ist der Jubel der Hamburger Jugend, wenn 
die Zeitungen um die Psiugstzeit verkünden: „Heute Extrafahrt nach 
dem Blütenlande", d. i. nach dem „Alten Lande"! Und noch größer 
ist ihre Freude um Johannis, wenn in den Anzeigen geschrieben steht: 
„Heute Extrafahrt nach dem Kirschenlande!" Die Stare aus dem 
Lünebnrgschen Ziehen zur Verwunderung der Dorfbewohner um dieselbe 
Zeit während 4—5 Wochen fort, um an der Kirschenernte des „Alten 
Landes", wenn auch als nicht gern gesehene Gäste, teilzunehmen. 
Zweiter Tag: 
Von der Schwinge bis an das Land Hadeln. 
Die dritte Marsch ist das Land Kehdingen. Es reicht von 
der Schwinge fast bis an die Oste und hat den fettesten Boden von 
allen Marschlandschaften. Viehzucht und Ackerbau blühen in hohem
	        
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