Full text: Anschauungsunterricht und Heimatkunde für das 1. - 4. Schuljahr mehrklassiger Schulen

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§• 53. 
Geschichtliche Entwickelung des athenischen Staates bis auf Solon. 
1) Die attische Sage beginnt mit Kekrops als erstem 
Herrscher in Attika, der in ältester Zeit aus einem isolirten 
Felsberge am Ilissos eine Burg, die Ke kropia, erbaut habe, unter 
deren Schutz stch eine ackerbauende Gemeinde angestedelt hatte.— 
Sein Nachfolger in der Herrschaft, Erechtheus, habe auf der 
Burg, in dem Erechtheion, ein hölzernes vom Himmel gefallenes 
Bild der Pallas Athene aufgestellt; seitdem hätten die Urein¬ 
wohner nach der Schutzgöttin der Stadt und des Landes Athe- 
näer geheißen. Auch habe Erechtheus das höchste Fest der 
Landesgöttin, unter deren Segnungen Attika stehe, die Athenäen 
(es war das Erndtefest im Juli), gestiftet. H 
Nach Erechtheus habe Pandion über Attika geherrscht, 
unter dessen vier Söhnen dieses in vier besondere Gebiete zer¬ 
fallen sei. Aber sein Enkel Theseus, der Fürst der kekropischen 
Gemeinde, habe die Wiedervereinigung bewirkt; auch habe er die 
Athener von dem Tribut des Minos, d. i. von der Abhängigkeit 
der Phönicier, befreit, das Volk nach seinen Ständen geschieden, 
den obersten Gerichtshof des Landes, den Are o pag, angeordnet, 
und das große Fest der Athene, die Athenäen in das der Pan- 
athenäen, an dem nun alle attischen Gauen Theil nahmen, 
umgeschaffen. Die attische Sage feiert in Theseus den eigent¬ 
lichen Begründer und Ordner des attischen Staatswesens; sie 
läßt den ionischen Heros darum auch Kämpfe und Thaten ver¬ 
richten, die ihn dem gefeierten Heros des dorischen Stammes, 
dem Herakles, an die Seite stellen. 
2) Gewiß ist, daß die attische Staatseinheit bereits vor der 
dorischen Wanderung bestand, und Athen, Mittelpunkt und 
Haupt der Landschaft, wohl vorzugsweise hierdurch in Stand ge- 
0 Der athenische Staat nahm seinen Ursprung und Ausgang vom Ackerbau. 
Wie zu Eleufis die ernährende Mutter-Erde selbst, die Demeter, so 
wurde auf der Burg am Ilissos, die den umwohnenden Ackerbauern Schutz 
und Zuflucht gewährt hatte, von Alters her die Pallas Athene ani 
meisten verehrt. Denn die Athene (die Wurzel des Wortes ist dunkel) 
ist nach ihren natürlichen Eigenschaften eine den Ackerbau schützende 
Gottheit, die Göttin des blauen Himmels, aber auch der Wolken 
und des Blitzes, von welchen der Segen Attika's kommt, d. h. Thau 
und Gewitterregen bedingen die Fruchtbarkeit des dürren Bodens der 
attischen Landschaft. Das Hauptfest der Athene war daher das Dank- 
fest nach der Erndte, die Athenäen, nach der Sage durch Theseus 
über ganz Attika ausgedehnt als allgemeines Landesfest oder Panathe- 
näen. Alle Gaue Attika's nahmen an diesem Feste Antheil; selbst die 
Colonien sendeten ihre Beiträge. Gymnische und musische Wettkämpfe 
gingen dem Hauptfesttage voraus; an diesem wurde ein Erndtekranz und 
ein neuer Pep los, von den Frauen und Jungfrauen Athens gewebt und 
kunstvoll gefertigt, in feierlichem Zuge der Athene auf der Burg darge¬ 
bracht. Große Opfer und ein allgemeines Festmahl schlossen die Feier.
	        
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