Full text: Heimatkundlicher Anschauungsunterricht im zweiten und dritten Schuljahre

II, Frühling. 
33 
Wir wollen einige dieser goldenen Strahlen herausziehen. Ihr werdet 
denken, das sind Blumenblätter. Doch nein, jedes gelbe Blättchen ist eine 
vollständige Blüte für sich. Mehr als hundert Blüten sitzen hier dicht 
beisammen. So bildet diese Blume eine wahre Blütenstadt. Die 
einzelnen Blüten sind die Häuser, sie sehen aus, als wären sie von purem 
Golde. Wie sieht der Boden aus, auf dem sie stehen? Der weiße Blüten- 
boden ist das Straßenpflaster; es ist wie von Porzellan. Diese Blüten- 
stadt ist auch von einer doppelten Mauer umgeben. Was meine ich wohl 
damit? Woraus wird diese innere Mauer gebildet? woraus die äußere? 
Viele Fremden vergnügen sich in den goldenen, honigreichen Häusern. Wer 
sind die Fremden, die diese Blumenstadt besuchen? Kleine Käferlein nehmen 
hier ihr Nachtquartier, sie legen sich mitten hinein, wie in ein weiches Bett 
und schlafen, bis die warmen Sonnenstrahlen sie wieder aufwecken. — Aber 
nur bei schönem Wetter sind die Tore dieser Blumenstadt geöffnet. Wenn 
es regnet, und wenn der Abend kommt, werden sie sorgsam verschlossen. — 
Wiederholung. 
IV. Wermehrung. Nach und nach verblüht unsere Blume und nimmt 
diese Gestalt an. Was seht ihr an dieser verblühten Blume? Diese kleinen 
braunen Punkte sind die Samenkörner. Jedes Samenkörnchen streckt ein 
feines Stielchen nach oben. Auf dem Stielchen steht ein zarter, weißer 
Federkranz als Schmuck und als Flügel. Die gelben Blüten fallen ab, 
und nun steht das weiße, wollige Köpfchen da. Nun kommt der Wind, 
nimmt die Samenkörnchen bei den Haaren und führt sie mit sich fort. Die 
einen fliegen dahin, die andern dorthin. Einige lassen sich auf der Wiese, 
andere am Wege nieder; manche steigen auf einen hohen Berg, andere bleiben 
auf einer Mauer sitzen. Jedes Samenkörnchen ist mit zarten Widerhaken 
besetzt, damit haftet's an der Erde. Der Wind kommt wieder und streut 
ein klein wenig Erde auf das Körnchen. Er deckt es damit zu wie mit 
einem Bettchen. Da schläft es nun. Wenn es aber lange genug geschlafen 
hat, dann wird's geweckt von der lieben Sonne. Da hat es großen Durst. 
Und die Wolken kommen gezogen und bringen ihm zu trinken, damit es 
keimt. Was bildet sich nun nach unten? Was wächst nach oben? Seht, so 
entsteht eine neue Pflanze. (Nach Wagner.) Die Kinder spielen auch gern 
mit dem Wollköpfchen. Was tut ihr damit? Wozu tragt ihr bei, wenn 
ihr die wolligen Köpfchen in die Luft blast? In manchen Gegenden singen 
die Kinder ein Verschen dazu: 
„Blas die Lampe aus, steck das Licht an, 
Mach die Türe auf, daß ich sehen kann!" 
Dieses Abblasen des Wollköpfchens ist aber nicht ungefährlich. Leicht blast 
ihr euch ein solches Samenkörnchen in die Augen. Dort hakt es sich mit 
dem Widerhaken fest, und das Auge wird krank. 
W ernecke, Anschauungsunterricht. 2. Aufl. Z
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.