Full text: Die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt

H. Ortskunde. 81 
Toben des Bauern half nichts, und fremde Hilfe mar nicht zu erlangen. Da warf 
sich der Bauer anf das Knie und betete ein Vaterunser. Plötzlich bemerkte er ein 
Licht vom Kiffhäufer her auf sich zukommen. „Ei," dachte er, „da kommt Hilfe 
vom Kaiser Friedrich." Bald war das Licht bei ihm, aber ein häßlicher Zwerg 
trug es. Der sagte: „Kann ich dir helfen?" „Ja," erwiderte der Bauer, „wenn 
du nur nicht so schwach wärest!" „Nun, dann will ich es wenigstens versuchen," 
entgegnete das Männlein, und im Nu saß es aus dem Wagen und schwang die 
Peitsche. Ein Ruck, und fort rollte der schwere Wagen. Als sie nach Kelbra 
kamen, sprach der Zwerg: „Warum willst du Nach Nordhauseu fahren, möchtest du 
das Getreide nicht auf dem Kifshäuser verkaufen?" „Gern," sagte der Bauer, 
und ehe er es dachte, hielten sie am Eingange zum Berge. Hier hieß der Zwerg 
den Bauern die Säcke abladen und in den Berg tragen. Als er den letzten Sack 
an seinen Ort gesetzt hatte, sprach das Männlein: „Nun kannst dn dir aus deu 
Kästen soviel Gold und Silber nehmen, als du für dein Getreide auf dem Markte 
bekommen haben würdest. Nimm aber nicht mehr, hörst du! Ich werde solange 
bei deinen Pferden bleiben und ihnen Hafer geben." Das Bäuerlein ließ sich das 
nicht zweimal sagen. Hier wählte es Oold und dort Silber. Alle Taschen wurden 
gefüllt; denn es dachte, „was weiß der Zwerg, was das Getreide in Nordhansen 
kostet." Endlich kehrte es zu seinen Pferden zurück- Hier traf der Bauer deu 
Zwerg und wollte sich eilig vou ihm verabschieden. Doch der Zwerg sprach: „Hast 
du auch nicht mehr Gold und Silber genommen, als der Kaufpreis beträgt?" 
„Behüte Gott, keinen Pfennig mehr," entgegnete der Bauer. „Aber nun gnte 
Nacht, ich will meine armen Pferde in den ^tall bringen," und fort fuhr er. Der 
Bauer konnte kaum erwarten, bis er auf der Herberge war. Aber groß war sein 
Erstauueu, als der in der Kammer seinen Erlös zählte, und statt des Goldes nur 
bleiernes Geld fand. „Da muß ich mich geirrt haben," dachte der Bauer, „morgen 
früh will ich gleich wieder zu dem guten Männlein gehen. Es wird mir das 
Geld schon umtauschen, dann habe ich immer noch doppelt soviel, als das Getreide 
wert ist." Mit dieser Hoffnung schlief das Bänerlein. Doch kaum graute der 
Tag, so war es schon wider am Kisshänserberge. Allein hier war ein so dichter 
Nebel, daß es den Eingang nicht wiederfand. Auch fem Rufen half nichts. Da 
lehrte der Bauer voll Ingrimm um und sprach einen schlimmen Fluch aus- Doch 
kaum war dies geschehen, so that sich die Erde auf und begrnb ihn. 
H. Ortslnmde 
a) SiiMid) vom ?1jÜrlNger!vl!lde. Schleusungen. Fabriken: Holzspielwaren, 
Glas-, Porzellansachen, Pappe, Holzstiste, Weberei. ' 
Suhl. Fabriken: Eisenwaren, Gewehre, Holzwaren, Porzellan. 
Schmalkalden, d. h. an der Schmalkalde gelegen. In der Nähe wird Schwer- 
spat gebrochen. Mittelpunkt einer bedeutenden Schlosserindustrie. (Hella-Mehlis, 
Steinbach-Hallenberg.) 
J)) An der Werra. Treffurt. Obstbau, Eigarrensabriken. 
c) An der Dorsel. Eisenach. Fabriken: Leder, Farben, Kammgarn. In 
der Nähe tft_ die Wartbnrg. Best erhaltene Burg. Berühmte Wassensammlnng. 
Hier lebten ernst die heilige Elisabeth und später Dr. Martin Luther. 
(1) All der Gera. Erfurt, d. h. Furt, an der Erpo wohnte. Weil der 
Acker außerordentlich^ fruchtbar ist und geschützt liegt, durum Acker- und Gemüse- 
bau, Blumen- und Samenzucht. Fabriken: Woll-, Bamnwoll-, Strumpfwaren, 
Maschinen, Tapeten, Lampen. Bedeutende Spinnereien. Erfurt ist die Hauptstadt 
des gleichnamigen Regierungsbezirks. Baudenkmäler: Dom (große Glocke), das 
Walsenhaus „Martinsstist" mit Luthers Zelle, das Kaufhaus Rathaus, Luther- 
deukmal, Lehrerseminar. Geschichtliches: Erfurt war schon im 8. Jahrhundert 
Henze, Provinz Sachsen. a
	        
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