— 9 —
demselben Strom im Westen und der Lahn im Norden begrenzt, gewährt dieses
Gebirge, von der Südostseite betrachtet, den schönsten Anblick, weil hier seine
höchsten Berge liegen. Nach der Mainebene hin fällt das Gebirge steil ab,
bleibt aber fast eine Meile vom Flnsfe entfernt. Der bei Niederwallufs in den
Rhein mündende Bach Walluff scheidet den östlichen höhern, Teil vom west-
lichen, niedrigeren, welcher gewöhnlich das RheWgauer Gebirge genannt wird
und dicht bis an den Rheinstrom herantritt; auch begleitet er denselben mit
scharfer Wand von Rüdesheim bis zur Lahnmündung. Nach Norden gegen die
Lahn hin verzweigt sich der Taunus in ein Bergland, das vom Ufer dieses
Flusses oft zu bedeutenden Höhen ansteigt und einige Basaltkuppen aufweist,
während fönst Schiefer mit Quarz das Hauptgestein dieses Gebirges ist. Der
Hauptkamm bleibt doppelt soweit von der Lahn als von dem Rhein entfernt.
Die Krone des Taunus bilden die an die Südostecke geschobenen Berggipfel des
großen Feldberges (861m), des kleinen Feldberges (810 m) und des Alt¬
königs oder Altkings (770rn). Der große Feldberg soll von dem an 241m
großen Felde oben seinen Namen führen. Diese Ebene ist ohne Bäume und
Gesträuche, nur mit Heidekraut und Torfmoos bedeckt. Ein Haus, wo
alljährlich die volkstümlichen Feldbergsfeste gefeiert werden, krönt sein Haupt.
Bemerkenswert ist ein 4m hoher, 7,80m breiter und 8,75m langer Quarzblock—Brun¬
hildenstein oder = bett genannt —, welcher oben lose auf dem Berge liegt; doch das
Bemerkenswerteste des Berges, und was ihm auch die meisten Besucher zuführt, ist seine
weite Aussicht. Noch reizender aber ist der Blick vom Altkönig über die nähere,
niit blühenden Ortschaften besäete, von blauen Fernhöhen umkränzte Fläche, die
sich an seinem Fuße ausbreitet. Die Spitze dieses Berges ist mit einem drei-
fachen, 5 m hohen, kolossalen Steinwall umgeben, wahrscheinlich ein Befestigungs-
werk der alten Germanen. Auf dem Hauptkamme find noch folgende hervor-
stehende Kuppen zn merken: der Glaskopf, der Rossert, der Stauffen mit
dem fabelhaften Mannsstein, der Kellerskopf, die hohe Kanzel (565 rn), der
Trompeter, die Platte über Wiesbaden mit einem prächtigen Jagdschlosse und
schöner Aussicht, die eiserne Hand, die hohe Wurzel (560m). Im Rhein-
gauer Gebirge zeichnen sich folgende Höhen aus: Hallgarter Zange (545 m),'
der Rabenkops (548 m), der aussichtsreiche Niederwald über Büdesheim u.a.
Aus einem Ausläufer, dem Eich berge, steht die Irren Heilanstalt Eichberg;
zwischen diesem und dem Boß liegen in einer Schlucht die Gebäude der ehe¬
maligen Abtei Eberbach, in deren Keller jetzt die edelsten Weine des Rheingaus
lagern, während die weitläufigen Gebäude zum Korrektions- und weiblichen
Zuchthause dienen. Ihren äußersten Ausläufer am Rhem schmückt das Metter-
nichsche Schloß Johannisberg, dessen Südseite den weltberühmten Johannis-
berger Wein erzeugt. Alle Bergspitzen gewähren in der Nähe und Ferne,
besonders nach Süden hin, eine entzückende Aussicht, die ihr mühsames Erstei-
gen reichlich lohnt. Der Rheingau, „des heiligen römischen Reiches Pfaffen-
gaffe", und die hessische Pfalz liegen, mit dem Rheinstrome in der Mitte, zu
Füßen. —- Auf der rechten Seite der nach Westen fließenden Wisper, nördlich
bis zur Lahn hin, verflacht sich der Boden, nähert sich mehr der Ebene und
die Berggehänge auf beiden Seiten des Mühlbachs erscheinen sanfter. Nur an
der Wisper selbst in der Nähe des Rheins, an der Lahn uud dem unteren
Mühlbach steigen die Bergseiten so steil und schroff, daß sie mir mit Mühe zu