— 23 —
1/
5. Klima. Produkte.
Die Provinz Hessen-Nassau liegt in der nördlich gemäßigten Zone, oder
bestimmter in der nördlichen Zone des veränderlichen Niederschlags, d. h. in
einem Erdgürtel, in welchem der Niederschlag aus der Luft bald Regen, bald
Schnee ist. Das Klima ist gemäßigt, die Witterung veränderlich, in dem süd-
lichen Teile und den tieferen Thalgegenden des mehr nördlich gelegenen Teiles
ist sie mild und fruchtbar, während sie auf den Gebirgen und Hochfeldern meist
rauh und unwirtlich ist. Die bewaldeten Gebirge mäßigen im Winter die Kälte
und im «Sommer die Hitze. Ihrer hohen Lage wegen hat diese Provinz reine
und erfrischende Luft, und man kennt hier nicht jene nnerquicklicheu Nebel,
welche die Tiefländer an der Meeresküste bedecken. Sümpfe, in denen das
Wasser fault, kommen im ganzen nur wenige auf den öden Hochflächen der
hohen Rhön und des Westerwaldes vor. Im übrigen aber entspringen den
Bergen tausend und aber tausend Quellen, die das reinste, frischeste und gesun-
deste Trinkwasser geben. —
Von der Bodenfläche der Provinz Hessen-Nassau sind 36 Prozent Acker-
land, 15 Wiesen und Weiden und über 49 °/0 Wald. Wer prächtigen Wald
sehen will, der muß am Südabhange des Taunus, oder in dem oberhessischen
Hainagebirge, oder im Reinhardswalde am linken Weserufer wandern. In den
Thälern und Thalebenen wird blühender Ackerbau betrieben (Weizen, Roggen,
Gerste, Hafer, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Flachs, Hanf, Raps, Tabak), und mit
Ausnahme der rauhen Gebirgshöhen wird allenthalben viel Obst gezogen,
namentlich am Main und Rhein, in der Wetterau, im Kinzigthale und an
der Werra bei Eschwege, Alleudorf und Witzenhansen. Das hervorragendste
Erzeugnis der Bodenkultur ist aber der Wein; die edelsten Rheinweine wachsen
auf den Bergabhängen des Taunus und des Rheingauer Berglandes
(Rüdesheimer, Johannisberger, Ranenthaler, Hochheimer, Asmannshäufer u. a.).
Auch an der untern Kinzig bei Gelnhausen wird eiu etwas feuriger Weiu
gezogeu, während die Traubeu der guten Jahrgänge aus deu Bergen bei
Witzen Hausen meist so in den Handel kommen. Aus dem Tierreiche kommen
die gewöhnlichen Haustiere vor: schöne Pferde in dem Mainthal, im Schwalm-
grnnd und au der Weser, vortreffliches Rindvieh am Westerwalds, am Vogels-
berge, an der Rhön und im Schaumburgischen; Schafe, Ziegen und Schweine
kommen überall vor, in manchen Gegenden mehr, in andern wieder weniger.
„Das nützliche Schwein ist häufig der wahre Schildhalter einer Haushaltung,
und wo die Hütte deu Hof, die Kötze den Karren vertritt, da vertritt die Geis
die Kuh." Federvieh und Wildpret aller Art giebt es in Menge. Die Fischerei
wird fast überall — besonders im Rhein, im Main, in der Weser, Werra,
Fulda und Eder mit Erfolg betrieben und liefert viele Arten der Süßwasser-
fische. Der Bienenzucht wird in neuerer Zeit viel Aufmerksamkeit geschenkt,
man zählt an 80000 Stöcke. — Das Mineralreich liefert: Gold im Sande
der Eder (was früher durch Auswaschen in der Nähe von Felsberg gewonnen
wurde); Silber- und Bleierze bei Holzappel und Ems am Westerwalds;
Knpser im Richelsdorfer-Schiefergebirge am Westerwalds und im
Jtterthale; Eisen von ganz vorzüglicher Güte im Schmalkaldischeu, im
Homberger Hochlande, am Reinhardswalde, am Kellerwalde, am