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Brücken überschreitet sie die Syra bei Plauen, den Rosenbach bei Straßberg
und gelangt bei Weischlitz ins Thal der Elster. In demselben zieht sie
sich auswärts über Ölsnitz nach Adorf, sucht dann auf mühsamem Wege die
Höhen des Elstergebirges zu gewinnen, um darnach hinabzusteigen in das
Böhmerland. Zur Sommerszeit ist diese Bahn äußerst belebt; denn da
bringen die Züge Tausende von Badegästen nach Bad Elster, Franzensbad,
Marienbad und Karlsbad. — Drei Bahnen verbinden sie mit anderen Eisen-
bahnlinien. In Weischlitz beginnt die Linie Weischlitz-Gera, die
durch das liebliche Elsterthal führt. Sie berührt Plauen, Elsterberg und
Greiz und ist mit ihren 8 Tunneln und 29 Brücken wohl die schönste
Bahn des Vogtlandes. — Von Ölsnitz aus zieht sich eine Bahn über
Falken stein, Auerbach und Sengen selb nach Zwickau, und in
Adorf findet die Linie Chemnitz-Ane-Adorf, an der auch Mark-
neukirchen liegt, ihren Anschluß.
6. Eine dritte wichtige Bahn — die von Reichenbach nach Dres-
den — nimmt im Vogtlande nur ihren Anfang. Sie verbindet aber das
Vogtland nicht nur mit der Hanpt- und Residenzstadt, sondern auch mit
anderen bedeutenden Städten des Landes, so mit Zwickau, Glauchau, Hohen-
stein, Chemnitz nnd Freiberg.
Welch' ein Umschwnng ist durch Schaffung der Eisenbahnen in den
Verkehrsverhältnisfen eingetreten! Ein Postfahrschein von Plauen nach
Leipzig kostete 6 Thaler 17 Groschen, eine Eisenbahnfahrkarte kostet nur
4 Mark 80 Pfennige. Die Fahrt mit der Post dauerte 2 Tage, und die
Fahrt auf der Bahn währt nur 3 bis 4 Stunden. Welch' eine Ersparnis
an Zeit und Geld ist das! Die „gelbe Kutsche" war durch das „geflügelte
Rad" besiegt.
21. Pie Watd- und Moosseulchen im Vogtlande.
1. Wenn das liebe Weihnachtsfest mit seinem lichterstrahlenden Christ-
bäume wiederkommt, dann erblickst du wohl, liebes Kind, unter demselben
auch einen Moosmann. Er hält ein Licht in der Hand nnd beleuchtet
die herrlichen Gaben, welche dir der heilige Christ gebracht hat. Dieser
Moosmann will dich an die Holzmännchen nnd Holzweibchen erinnern, die
sich der Sage nach in früheren Zeiten in den vogtländifchen Wäldern gezeigt
haben sollen. Das waren nralte, aber doch dabei muntere Zwerge in der
Größe drei- oder vierjähriger Kinder. Ihr Gesicht war wegen ihres hohen
Alters ganz gran und faltig, ihre Haut trockeu wie Leder. Ihre Kleidung
war von grauer oder moosgrüner Farbe. Ihre Nahrung bestand aus Baum-
wurzeln und Kräutern, und ihre Wohnnng befand sich meist in hohlen Baum-
stämmen oder Erdhöhlen; oft hielten sie sich auch in den Häusern der Menschen
aus. Leuten, die Gottesfurcht und Frömmigkeit liebten, brachten sie reichen
Segen. Wo aber der Feiertag entheiligt, wo gezankt und geflucht wurde,
da war ihres Bleibens nicht lange. Mit den Menschen, welche ihnen Wohl-
thaten erwiesen, verkehrten sie sehr freundlich. Sie erteilten ihnen gute
Ratschläge, z. B. den: „Schneid's Brot gleich, so wirst du reich!" Auch
der Spruch: „Erzähl' keinen Traum, schäl' keinen Baum, röste kein Brot,
so hilft dir Gott aus deiner Not" soll von den Holzleutchen herrühren. Oft
sollen die Hausmütter, wenn sie Brot bnken, von den Zwergen gebeten worden