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XI. Die Römer.
cere) oder sich kurz der Meinung eines Andern angeschlossen hatten
(verbo adsentiri), stellte der Vorsitzende die verschiedenen Meinungen,
die zur Abstimmung gelangen sollten, zusammen (pronuntiabat sen-
tentias) und forderte zur Abstimmung durch Auseinandertreten (disees-
sio) auf zwei Seiten auf (daher Ire und pedibu8 Ire in sententiarn).
So kam ein gültiger Beschluß (seuatns auotoritas) zu Stande, der
in seiner schriftlichen Abfassung 86natu8 eonsultuin hieß und mehrere
Gegenstände (deoreta) umfassen konnte. — Der Wirkungskreis des
Senates betraf 1) die auswärtigen Angelegenheiten: der Senat
hatte den Beschluß über Krieg, namentlich über einen Angriffskrieg beim
Volke zu beantragen und den genehmigten auszuführen. Er befahl dem¬
nach die Aushebung der Mannschaft und bestimmte die Contingente der
Bundesgenossen, ernannte die Feldherren, wies ihnen die zur Führung
des Krieges nöthigen Mittel an, und nach glücklicher Beendigung des
Krieges stellte er die Bedingungen des Friedens fest und bewilligte dem
siegreichen Feldherrn den Triumph oder andere Auszeichnungen. Eben so
standen die völkerrechtlichen Beziehungen zu anderen Staaten und zu
den Bundesgenossen unter der unmittelbaren Leitung des Senates; an
ihn wurden die Gesandtschaften fremder Völker und Fürsten gerichtet,
wie er seinerseits aus seiner Mitte Gesandten mit Aufträgen aller Art
an auswärtige Staaten sandte. 2) Zu den Zweigen der inncrn Ver¬
waltung, in denen der Senat selbständig herrschte, gehörte zunächst
die oberste Aufsicht über Religion und Cultus, in Folge deren er nicht
nur dafür Sorge trug, daß die vaterländische Gottesverehrung rein er¬
halten werde, sondern auch wegen Einführung neuer oder Anstellung
außerordentlicher Spiele und Ferien. Sühn- und Dankfeste die alleinige
Anordnung hatte. Eben so waren die sibylliuischen Bücher und andere
Weissagungen unter seine Aufsicht gestellt und ein Senatusconsultum
befahl ihre jedesmalige Einsicht an. Vollkommene Freiheit hatte ferner
der Senat in der Verwaltung und Verwendung der Staatsein¬
künfte, wobei keine andere Gewalt concurrirte. Hinsichtlich der Ge¬
setzgebung war der Senat der Volksversammlung untergeordnet, doch
gebührte ihm staatsrechtlich das freilich durch die Tribunen sehr ver¬
kümmerte Recht der Initiative, das ngoßovhv^u. Indessen hat er auch
über die Gesetze, ihre Gültigkeit und fortdauernde Anwendbarkeit sich
eine gewisse Aufsicht und Entscheidung vindicirt und sich nach und nach
allein das Recht beigelegt, einzelne Männer in gewissen Fällen von
einem bestimmten Gesetze zu entbinden, legibus solvere, ein Recht, das
ursprünglich auch nur in letzter Instanz der Volksversammlung zustand.
Von der größten Wichtigkeit für die Stellung des Senats zum Volke
war cs endlich, daß für alle bedeutenderen Gerichte aus seiner Mitte
bis zur Lex Sempronia iudiciaria die Richter erthcilt wurden.
Dieser hohen Stellung entsprechend war denn auch das Ansehen,
welches nicht nur die Gesammtheit, sondern auch die einzelnen Senato¬
ren sowohl in Rom selbst als im Auslande genossen. Von alter Zeit
her waren ihnen auch gewisse Auszeichnungen in der Tracht zugestau-