Full text: Länderkunde von Europa (Bd. 2)

§ 300. III. Teil: Mittel- und West-Europa; Großbritannien und Jrland. 320 
östlichste, die Londonbrücke (London-Bridge, spr. bridsch), die einen täglichen Verkehr von 
20000 Wagen und 100 000 Fußgängern hat. Bis zu ihr hinauf reicht der Seeverkehr, deshalb 
bestand bis 1894 weiter abwärts keine weitere Brücke. In diesem Jahre wurde hier jedoch die 
eigenartige Towerbrücke (spr. tauer), die 19. Themsebrücke, dem Verkehr übergeben. Sie hat 
in einer Höhe von 42 m (Höhe der Levensauer und Grünentaler Hochbrücke über den Kaiser- 
Wilhelm-Kanal) eine Fußgängerbahn, zu der :nan mittels Aufzug emporgehoben wird. Die 
Fahrbahn liegt niedriger und wird beim Durchlaß von Schisfen aufgeklappt. Außer diesen 
19 Brücken dienen der Verbindung der beiden Ufer 5 Tunnel. In dem für Fußgänger be- 
stimmten Towertunnel werden die Passanten mittelst Hebewerks in einen 18 m tiefen Schacht 
hiudbgslajjen. worauf eine Art Schienenomnibus sie in einer Minute unter der Themse 
urchführt. 
hf Die Docks und die Warenlager. Wer das Wesen und die Bedeutung Londons erfassen 
will, muß die Docks — das sind die Anlegeplätze der Schiffe ~ kennen lernen. Die Themse selbst 
muß als Fahrstraße frei bleiben, deshalb schuf man an ihren Ufern ~ durchweg an der Nordseite –~ 
große Wassserbecken, in denen die Schiffe aus- und einladen. Die ältesten und wichtigsten sind 
die Londondocts unweit der Towerbrücke (s. die Skizze)!). Ihre Lagerhäuser können 220 000 t 
Waren, ihre Keller 60 000 Fässer Wein fassen. Die Mengen der hier lagernden Vorräte von austra- 
lischer Wolle, von Seide aller Länder, von Baumwolle, Farbhölzern, Baumstämmen, Gewürzen, 
Tabak, Zucker, Kaffee, Tee usw. sind geradezu fabelhaft; es ist, als ob die Ernten und Erzeugnisse 
aller Länder hier aufgespeichert wären. Das Haupttabaklager, trotz seiner Größe ein zierlicher Bau, 
bedeckt 2 ha Land, die Weinkeller, die größten Keller der Welt, nehmen gar 5 ha Raum 
ein und haben Schienenwege von 21 km Länge; im Teehaufe reiht sich durch 5 Stockwerke 
hindurch Saal an Saal, deren Fenster herrliche Ausblicke auf den Fluß und sein Schiffsgewimmel 
bieten; das JIndigolager, das größte und reichste der Welt, ist ebenfalls ein fünsstöckiger Bau; 
„tiefblau ist sein Eingangstor, blau sind die Fensterrahmen, blau die Wände der inneren Gänge, 
die Treppen, die Geländer, blau auch die Arbeiter, nicht bloß in ihrer Kleidung, sondern auch 
im Antlitz, denn der Indigostaub durchdringt die feinsten Ritzen der dichtversschlossenen Kisten.“ 
Und welch ein Leben auf den Kais und den Schifsen, deren die Londondocks 300 fassen können. 
„In keinem andern Hafenbecken der Welt treiben sich Angehörige so vieler Nationen umher. 
Neben dem Holländer ankert der Kauffahrer aus Brasilien mit Kaffee und Farbhölzern, der 
Däne bringt sein Hornvieh ans Land, belgische und französsische Schiffe laden Glas, Leder, Eier, 
Obst und Gemüse aus, der Amerikaner wälzt seine Tabakfässer und Baumwollenballen ans Land, 
russische und deutsche Ostseefahrer bringen Getreide u. s. f." (Pütz nach Schlesinger und „See- 
häfen des Weltverkehrs“") 
§ 300. 6. Ein Gang durch den wichtigsten Stadtteil Londons (Abb. 168). Wie in Berlin 
(V. E., F 328) und Paris (s 252) führt uns auch hier unser Weg aus dem Zentrum der Stadt 
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später diente er als Staatsgefängnis und jett ist er Kaserne, ut. (Arsenal), 
Staatsarchiv und Aufbewahrungsort der Kronjuwelen. Blutige Erinnerungen knüpfen sich 
an ihn; hier ersstach zur Zeit des Krieges der weißen und roten Rose der nachmalige König 
Richard III. (Herzog von Gloucester, spr. gloßter) Heinrich VI.; hier ließ er später die Söhne 
seines Bruders Eduard IV. umbringen; hier fielen die Köpfe zweier Gemahlinnen Heinrichs VIII. 
(der Bolenn und der Howard), sowie der Königin Johanna Grey und des Grafen Essex, des Günst- 
1) 37 ha, davon 14 ha Wasser. Die gesamten Londoner Docks messen 800 ha = 8 qkm, 
wovon 2?°/, qkm Wasser, das übrige Warenhäuser sind. Sie sind auf die ganze 37 km lange 
Strecke von der Londonbrücke bis zum Beginn des Trichters verteilt, bieten also weit un- 
slustgere üerhtnize als die in unmittelbarer Nähe der Stadt liegenden, ebenss aroßen Hafen- 
anlagen Hambulras.
	        
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