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III. Kapitel: Klimatische verhältniffe
Lande doch unentbehrlich, denn in dieser Zeit füllen sich Brunnen,
Zisternen und Teiche, in denen für den trockenen Sommer die
Wasservorräte aufgespeichert werden müssen.
3. Die Spätregen im März und April entsprechen unserem
Frühjahr. (£s ist die angenehmste Jahreszeit. Mit ihr erwacht
die Vegetation zu üppiger Fracht'), um auch mit ihr wieder zu
ersterben. Gegen Ende dieser Jahreszeit findet erst die Gersten-
dann die Weizenernte statt, jedoch mit einem Unterschied von meh-
reren Wochen zwischen Ebene und Gebirge. Früh- und Spätregen
sind für die Landwirtschaft unumgänglich notwendig. Erstere zur
Aussaat, letztere zum Ausreifenlassen der Feldsrüchte, denn ohne sie
würden unter der schon sehr starken Sonnenbestrahlung die Aörner
verdorren, ^hr häufiges Ausbleiben oder ungenügendes Auftreten
wird der Anlaß zu Dürren und ausgedehnten Mißernten, die im
Grient nur allzubekannte und gefürchtete Erscheinungen sind5*).
Um falscher Vorstellung vorzubeugen, sei jedoch noch bemerkt,
daß auch in den einzelnen Abschnitten der Regenzeit ost lange Reihen
wolkenloser Tage auftreten, die gerade in der Periode der Spätregen
die Schönheit der durch sie erweckten Natur voll zum Bewußtsein
kommen lassen.
Anfang Mai setzt der Sommer und mit ihm die heiße und
trockene Jahreszeit ein. Nördliche bis nordwestliche regenlose Lust-
strömungen herrschen vor, und unter dem blauen klaren Gimmel nimmt
die Loitze und Trockenheit schnell zu. Die farbige Blumenpracht
des Frühlings stirbt ab, und das saftige Grün der Berghänge und
Täler verschwindet bis aus versprengte Gasen an beständigen (Quellen,
um stacheligen, oft meterhohen Disteln und holzigen Dornbüschen
f)Iatz zu machen, die stundenweit den einzigen Aslanzenschmuck der
Berge bilden. Das Futter für die Viehherden beginnt zu mangeln,
und die ganze Natur scheint unter der Hitze erstorben zu sein. Er-
frischung bringen dann die sich am frühen Vormittag an der Küste
x) Um einen Begriff von der Schönheit der palästinensischen Frühlings-
flora zu geben, sei hier eine Schilderung G. Dalman's mit wenigen Kürzungen
mitgeteilt" die in Erinnerung an eine Bereisung Samarias und des südlichen
Gstjordanlandes niedergeschrieben ist: „Wie blütenreich war diesmal unser schönes
Land, es war seine Spätfrühlingsflora. An der Spitze der Blumen stand hier
der rosafarbene Flachs und der rotblaue Natternkopf, Purpurrot strablte da¬
zwischen die asiatische Ranunkel und zwei Arten des Adonis, purpurblau der
bescheidene Ehrenpreis, dunkelblau die Kornblume. Große Büsche von Wolfs-
milch und massige Wucherblumen vertraten das Gelb, eine asternartige Skabiose
das Weiß, und aus Felsenritzen lugte das rötliche Alpenveilchen. Wir gedenken
aber auch der violetten, von Lupinen dicht besetzten Matten zwischen den Saat¬
feldern bei Sebaste und der der Halbwüste angehörenden Salden des (Dstjordan-
landes, wo mattblauer Reiherschnabel, purpurblaues Scharlachkraut, himmelblaue
Anchusa und rotblauer Natternkopf wunderbare Teppiche bildeten, in die dunkel-
violette Liliengewächse und seurige Tulpen gewebt waren." (Aus Dalman,
Palästinajahrbuch VI, 5. 23.)
2) vgl. die Schilderung einer solchen Dürre Ier. 14, 2—6.