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(5300 m) und der Pichincha (4787 ui), im Osten der Saugay, Cotopaxi
(5943 m) und der Autisana (5746 m). Bei dem Knoten von Pasto be-
ginnt wiederum eine Dreiteilung; dadurch wird die Hochebene von Bogota
im Osten und das Hochthal des Cauca im Westen umschlossen. Die östliche
Kordillere wendet sich gegen Nordosten, steigt hier noch über 4000 m hoch und
vereinigt sich schließlich mit dem Küstengebirge von Venezuela, welches
sich bis in die Insel Trinidad hinein verfolgen läßt. Als ein selbständiges
Gebirge erhebt sich im Mündungsgebiete des Magdaleuenstromes die Sierra
Nevada de Santa Marta noch bis zu 5500 m.
Unter den Riesen der Kordilleren, welche das Hochland von Ecuador
umgeben, und des ganzen Kordillerenzuges überhaupt, uimmt der Chimbo-
razo eine höchst hervorragende Stellung ein, wenngleich der frühere Glaube,
daß er der höchste Berg der Erdoberfläche sei, längst als irrtümlich anerkannt
worden ist. Von Babahoyo oder Bodegas aus führt ein ziemlich beschwer-
licher Weg, auf welchem sich das Maultier als sicherstes Transportmittel be-
währt, zu dem sonnigen Thale von Chimbo, wo die Banane durch Kakteen
und Aloe verdrängt wird, die hier Wege und Gärten begrenzen. Neben Mais
steht hier Luzerue in üppigstem Gedeihen, auch eine Kartoffel wird vielfach an-
gebaut, die aber hier in ihrer Heimat weit weniger gut gedeiht als in Deutsch-
lernt). Der Fluß Chimbo, welcher das gleichnamige Thal bewässert, wird bei
Jncumbo auf einer von der Natur aus Thonschiefer gewölbten Brücke über-
schritten, dann gelaugt man nach Gnaranda, einem terrassenförmig am Berg-
abHange aufgebauten Städtchen, hinter welchem eine gewaltige schiefe Ebene
zu der bald rosig, bald goldig schimmernden erhabenen Kuppel des Chimbo-
razo emporsteigt. Das Auge kann sich gar nicht sättigen an dem Anblicke der
riesigen, unnahbaren Gebirgsmasse mit einer so lieblichen Landschaft im Vorder-
gründe. Von Guaranda aus führt nun der Weg am AbHange des Chimborazo
entlang weiter nach dem Hochlande von Ecuador und der Hauptstadt Quito
empor. Man gelangt über große Sandflächen, „Arenale" genannt, und an
kleinen Hügelu vorbei. Eiu höherer Gebirgsraud rechts fällt in zwei Terrassen,
dem Llano grande von Sisgnn (4000in) und dem von Luisa (3300m)
nach der etwas niedrigeren Ebene von Tapi ab, während links der ungeheure
Chimborazo aufragt. Nichts stört die schwermütige Stille dieser gewaltigen
Einöde, deren Größe den Menschen verstummen macht. Am Rande des
Weges halten zahlreiche Aasgeier auf gefallenen Tieren ihr ekelhaftes Mahl.
Noch immer ist die Besteigung des Chimborazo durch Alexander von Hum-
boldt berühmt, welche am 22. Juni 1802 unter großen Gefahren, die durch
plötzlich ausbrechende Stürme mit Nebel und Hagelschlag herbeigeführt wurden,
stattfand und ihren Ausgangspunkt vom Westrande der Arenale aus nahm.
Der Chimborazo wird von den gewaltigen Bergen der bolivianischen Kor-
dilleren zwar an Höhe nicht unerheblich übertroffen, doch präsentiert sich der-
selbe viel imposanter, weil er die Kammhöhe bedeutender überragt als diese.
Tief und unvergeßlich wird der Eindruck bleiben, den der Koloß hervorruft,
wenn man in der Morgenstunde ihn wolkenfrei schauen darf. An der Schnee-
linie hat die Kuppel noch eine Breite von fast 7000 m und wenig unter dem
Gipfel von über 1300 m. Wie Strebepfeiler einen gewaltigen Dom stützen,
so ruht der schon vor Jahrtausenden erloschene, in ewigen Schnee gehüllte