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Barrenriffe und Strand- oder Saumriffe. Die letzteren erstrecken sich dicht
an der Küste entlang, lassen nur einzelne schmale Einfahrten für kleine Kähne,
sind meist von geringer Breite und haben nur die Bildung von wenigen kleinen
Jnselchen gestattet. Die Kanal- oder Barrenrisse ziehen sich entweder in
geraden Linien vor den Küsten eines Kontinents oder einer großen Insel ent-
lang oder umgeben ringförmig kleinere Inseln; jedenfalls aber find sie durch
einen breiten oder tiefen Kanal vom Lande geschieden. Nach innen fällt das
Riss entweder allmählich in den Lagunenkanal ab oder es stürzt jäh zu großen
Tiefen; nach außen aber hebt es sich immer ganz plötzlich steil aus den größten
Tiefen des Meeresbodens. Nicht mit Unrecht ist eine durch Barrenriffe um-
schloffene Insel mit einem auf dem Gipfel eines hohen unterseeischen Berges
errichteten Schlosse verglichen worden, welches von einer großen Mauer von
Korallengestein beschützt wird. Durch die schmalen Psorten, welche hier und
da die Mauer durchbrechen, können die größten Fahrzeuge in dem breiten und
tiefen Graben zu der Insel hindurchfahren. Atolle oderLagnnenriffe end-
lich sind solche Korallenbänke, welche einen ebenen Wasserspiegel, einen Zentralsee,
ringförmig umgeben. Die Tnamotu- oder Mars Hallgruppe besteht größ-
tenteils aus Bildungen dieser Art, welche auch das solgende Bild darstellt.
Die Korallentierchen gedeihen nur im Meereswasser und vermögen nie
über die Höhe des tiefsten Niederwassers hinaus zu gelangen. Eine Erhebung
des Riffs über den Meeresspiegel kann durch das Aufsteigen des Meeres-
bodens erfolgen, aber auch durch die Macht der Brandung, welche sich an den
starren Wällen bricht. Dieselbe reißt nämlich aus den Flanken des Riffs große
Blöcke und wirft fie über die Oberfläche. Kleinere Trümmer, die Gehäuse
zahlreicher Schaltiere, füllen die Zwischenräume aus, ein Boden entsteht, der
ebenso durch die fortgesetzte Thätigkeit der Wogen wie durch die Strahleu der
Tropensonne gespalten wird. Durch Meeresströmungen werden Samenkörner
und Früchte herbeigeführt, welche auf dem Korallengries eine grüne Decke er-
zeugeu; Baumstämme, die herbeifluten, fpenden durch ihr Zerfallen neuen
fruchtbaren Boden und führen in Zweigen und Rinde Eidechsen und Insekten
herbei; See- und verschlagene Landvögel lassen sich nieder und fördern die
Entwicklung. Ein Kranz von Kokospalmen grünt allmählich empor und endlich
erscheint auch der Mensch auf dem so bereiteten Wohnplatze. In dieser Weise
sind die zahllosen Inseln entstanden, welche die Radackgruppe, den Ar¬
chipel der Tuamotu und die zwischen beiden liegenden Gruppen niedriger
Inseln bilden, und zwar auf eine Meeresfläche hin von über 30 000 km Länge.
Weit überwiegend tragen die Korallenriffe auf ihrer Oberfläche Erdboden; bei
den meisten Atollen aber umgebeu nicht zusammenhängende Kränze von Land
das innere Becken, vielmehr nehmen meist kleinere oder größere Inseln, die
entweder nahe an einander gereiht oder von einander getrennt liegen, große Teile
der Riffe ein; bisweilen jedoch erscheint das innere Becken ausgefüllt, fo daß
nur eine Vertiefung in der Mitte der Kpralleninfel übrig bleibt. Von den
Kanal- oder Barrenriffen verwandeln sich gleichfalls einzelne in kleine Inseln,
ja es kommt vor, daß das ganze Riff sich in einen grünen Kranz von Palmen
verwandelt, welcher das mitten inneliegende Land umgibt.
Die ausgedehnteste Welt der Korallenbauteu finden wir in der Jnselflur
vereinigt, welche man unter dem Namen Mikronesien zusammensaßt.