§ 13 II. Teil: Vorderasien. 18
mit Abzweigung nach Angora und darüber hinaus) und die Bagdadbahn, deren Bau
die Deutsche Bank 1908 begann (s. Mesopotamien §29). — Im nördlichen Klein-
asien sind dem französischen Kapital bedeutende Bahnbauten zugestanden worden.
Armenien.
I. Das Land. Armenien, das Quellgebiet des Euphrat und Tigris, ist ein rauhes,
gebirgiges, 1500—2000 m hohes Hochland, das von gittersörmig verlaufenden Ge-
birgsketten und von mächtigen vulkanischen Durchbrüchen überragt wird. Da, wo
die türkische, russische und persische Grenze zusammenstoßen, erhebt sich als höchster
Berg der von blendend weißem Schnee bedeckte vulkanische Ararat (5160 m), aus
zwei Kegeln, dem Großen und dem Kleinen Ararat (3910 m), bestehend. Der
Große Ararat bietet einen majestätischen Anblick. Die 1800 in hohe Ebene noch um
3300 m überragend, beherrscht er mit seinen strahlenden Schneefeldern (bei 4370 m
beginnend) und Gletschern (bis 1000 in herabreichend) die ganze Umgegend. Diese
Schnee- und Eiskappe ist aber der einzige Schmuck des mächtigen Kegels, denn seine
bäum- und mattenlosen Abhänge starren dem Beschauer nackt und öde entgegen. —
In den Senkungen liegen stark salzige Seen. Der in Schneekoppenhöhe liegende
Wansee ist so groß wie Sachsen-Weimar, der Urmiasee noch 1000 qkm größer,
4700 qkm. Die Hochflächen des Innern sind meist dürre Steppen, die Flußtäler
milde und fruchtbar. ^1
Kitina und Pflanzenwelt. Das Klima ist naturgemäß ein rauhes Binnenlaudklima
mit langen, strengen Wintern und kurzeu, heißen Sommern mit kalten Nächten. In Tiflis steigt das
Thermometer im Sommer oft auf 30° und darüber, während es im Winter ebenso oft auf fast
—3° fällt (mittlere Extreme). Die Regenmengen sind gering, die Schneefälle aber um so ergie-
biger, so daß die Pässe oft bis in den Frühling ungangbar bleiben. — Der Pflanzenwuchs ist
auf den Hochflächen dürftig. Wo der Boden aus Lava und Tuff besteht, gestattet er bei genügender
Bewässerung den Ackerbau. Wälder haben nur die äußeren Randgebirge. Die Täler sind — wie
schon oben gesagt — milde und fruchtbar. -- •'=* 6*1
In Russisch-Armenien liegen die starken Festungen Kars Q und Eriw ärt A (1000 m
hoch) und der Hafen Batnm (B.C. 8 387); in Türkisch-Armenien Erserüm O mit starken
Festungswerken aus hohem Felskegel; in Persisch-Armenien Täbris G, von Harun al Raschid,
dem Kalifen von Bagdad, in einer fruchtbaren Ebene gegründet und wichtig als Mittelpunkt
des russisch-persischen Handels. Der südliche Abhang Armeniens ist Kurdistan, das alte Assyrien,
dessen kriegerische, islamitische Bewohner die christlichen Armenier oft bedrängen (s. unten). Der
Hauptort ist Diarbekr, in dessen Nähe sich bedeutende Knpsererzlaaer befinden. — Über
Kaukasien s. Ldk. v. Europa § 387.
II. Das Volk. Die Bewohner bestehen nur zur Hälfte, nach andern nur zu einem Drittel
aus Armeniern, zu etwa eiuem Drittel aus Kurden, im übrigen aus Tscherkessen, Tataren,
Russen, Turkeu, Persern. Die Armenier gehören zur mittelländischen Rasse, sind groß und stattlich
und haben dunkles Haar, kräftigen Bartwuchs und dunkle Augen. Sie nahmen bereits im 2. Jahr¬
hundert das Christentum an (selbständige, in Formelkram erstarrte Armenische Kirche), sind intelligent
und strebsam, aber sehr ränkesüchtig. Wegen ihrer sprachlichen Gewandtheit werden sie im Morgen-
land gern als Dolmetscher (Dragomane) benutzt. Die armenischen Kaufleute gelten in den
Städten der Mittelmeerküste als besonders schlau und gerieben. Die Armenier in der Heimat
sind meist Hirten und Ackerbauer, tragen statt des Turbans hohe Pelzmützen und leben vielfach
noch heute wie im Altertum in unterirdischen Wohnungen. Der Haß der Türken und Kurden.
(beide islamitisch) führte häufig zu greuelvoller Verfolgung der Armenier. 1895/96 sollen 200 000
Armenier umgekommen sein. Die Folge der steten Bedrückung war eine starke Auswanderung,
westlich bis nach Österreich-Ungarn, wo etwa 16000 Armenier leben, östlich bis nach Indien,
am stärksten nach Persien. Heute wohnen außerhalb des Landes vielleicht ebensoviel Armenier
als innerhalb desselben. — Die ebenfalls indogermanischen, aber islamitischen Kurden wohnen
anßer im südlichen und südöstlichen Armenien in Persien.