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Was den fremden Handel unserer Schutzgebiete betrifft, so belief sich
derselbe im Jahre 1903, im letzten Normaljahre vor den Aufständen, auf
101000000 Mk., nämlich 67000000 in der Einfuhr und 34000000 in der
Ausfuhr, und zwar hat die Handelsentwicklung im allgemeinen sowohl, wie
speziell auch der Anteil des Mutterlandes daran, ständig zugenommen, ob-
gleich Deutschland seinen Kolonien, im Gegensatz zu den meisten anderen
Kolonialmächten, bei der Erhebung der Zölle keinerlei Bevorzugung einräumt.
Die Werterzeugung und damit der fremde Handel unserer Kolonien
werden einen wesentlichen Aufschwung aber erst dann nehmen können, wenn
wir durch den Bau von Eisenbahnen und allgemeine Verbesserung der Verkehrs-
mittel die Gewinngrenze immer weiter nach dem Innern zu verschieben und
damit große Landflächen überhaupt erst der Einführung und Ausbreitung
wichtiger Kulturen, deutscher Siedelung und fremdem Handel erschließen.
Später als andere Kolonialmächte hat Deutschland begriffen, welch mächtige
Hebel zur wirtschaftlichen Entwicklung von Kolonien Eisenbahnen bilden;
aber die Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Frage dringt erfreulicherweise auch
bei uns mehr und mehr durch, und man ist sich im großen und ganzen auch
heute ganz klar darüber, welche Bahnen gebaut werden müssen; in den dem
Reichstag vorgelegten Denkschriften hat die Regierung ausdrücklich darauf
hingewiesen, daß große Kolonialgebiete ohne Eisenbahnen ein unsicherer und
wirtschaftlich nicht erschließbarer Besitz bleiben.
Die Liste der wirtschaftlichen Leistungen und Bestrebungen in unseren
Kolonien ist mit den vorstehend aufgeführten längst nicht erschöpft; es konnten
hier nur einige Hauptpunkte herausgegriffen werden; aber schon diese dürften
vollauf beweisen, daß man auf einem allmählich immer Keffer bekannten
Boden vielseitig, gründlich und aussichtsreich an dem wirtschaftlichen Ausbau
unserer sämtlichen Kolonien arbeitet.
An den Aussichten unserer Kolonien zu verzweifeln, liegt nicht die
geringste Veranlassung vor, sie sind der Entwicklung ebenso fähig und wert,
wie benachbarte Kolonien anderer Kolonialmächte; aber sie stellen an die
Geduld des deutschen Volkes die billige Forderung, die Ernte nicht vor
einer regelrechten Aussaat erwarten zu wollen. Gerade der Umstand, daß
die Alltagsweisheit des letzten Satzes bislang in kolonialen Dingen zu wenig
beachtet wurde, hat vielfach eine falsche Auffassung über den Wert unserer
Kolonien überhaupt gezeitigt. Widmen wir ihnen dauernd das Interesse,
das sie verlangen und verdienen, und gehen wir mit zielbewußter Ausdauer
und großzügigen Mitteln an ihre Entwicklung, so wird ein erfreulicher Erfolg
nicht ausbleiben. Moritz Schanz, Chemnitz 1906.
3. Kauflcfiuk.
Die gewaltige Entwicklung der elektrischen Gewerbe, der ungeahnte
Aufschwung, den die Herstellung von Fahrrädern und Kraftwagen genommen
hat, rückte während der letzten 10 Jahre den Kautschuk in den Vordergrund.
Dieses Erzeugnis einer Reihe Milchsaft enthaltender Bäume, Sträucher uud
Kräuter heißer Erdstriche ist für alle Völker, die Tropenländer besitzen oder