Full text: Bilder aus den deutschen Kolonien

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schmalen Rande, ungefähr in halber Höhe des Berges, führt der Weg an 
diesem entlang. Um ein Abgleiten des Wagens von dem schiefen Wege und 
ein Hinunterstürzen in die Tiefe zu verhindern, wurde eine Anzahl von 
Ochsenriemen zusammengebunden, am Wagen befestigt, über das Zelt geführt 
und von einem halben Dutzend an dem Berge über dem Wagen befindlicher 
Leute gehalten. So wurde mit größter Vorsicht ein Wagen nach dem 
andern an der gefährlichen Stelle vorbei bugsiert. 
Wenn man oben auf der Hochflüche angekommen, einen Blick in das 
Höllental zurückwirft, sieht es aus wie eine vom wildesten Sturm zerrissene 
Meeresoberfläche, auf der die Wellen kreuz und quer sich wild gegeneinander 
türmen und plötzlich erstarrt sind. Zwischen diesen Klippen hindurch windet 
sich der Weg nach oben, auf- und absteigend und die Rücken überkletternd, 
bis er endlich aus dem wilden Gewirr heraus auf die sich unendlich aus- 
dehnende Hochebene kommt. Auf der steilsten Stelle blieb ich hinter dem 
Wagen und legte schnell, sobald die Ochsen ihn mit großer Mühe ein Paar 
Meter aufwärts gebracht hatten und ausschnaufend stillstanden, ein paar 
Steine hinter die Räder, um sie am Zurückrollen zu hindern. Zweimal 
mußten wir die halben Frachten abladen, mit der Hälfte hinausfahren und 
die andere Hälfte hinterhertragen. Bei der letzten Höhe konnten die Ochsen 
nicht mehr; wir mußten zwei Gespanne vor jeden Wagen nehmen und am 
andern Morgen die beiden andern Wagen mit je zwei Gespannen nachholen. 
Es war am 12. April 1889. Während der ganzen Regenzeit war es 
trocken gewesen, kein Tropfen war in dieser Gegend gefallen, und das Feld 
war vollständig ausgedörrt. Unterwegs schon hatten die Bastards gejammert: 
„Was sollen unsere Rinder fressen, wenn in diesem Jahre kein neues Gras 
wächst!" Aber der Himmel hatte ein Einsehen; es stellte sich ein fünftägiger, 
ununterbrochener Landregen ein, der am Weiterfahren hinderte. Wenn auch 
die Tage Ende April schon kurz und die Nächte kühl sind, hatte dieser 
Regen, dem später noch mehrere folgten, den Segen, daß das Gras noch 
genügend wuchs und in diesem Jahre sich kein Weidemangel einstellte. 
Während die Regenzeit in der Regel mit starken Gewittern einsetzt, die 
nachmittags gegen 4 Uhr anfangen und selten länger als bis 8 Uhr an- 
halten, gibt es gegen Ende der Regenzeit häufig Landregen, die ohne Unter- 
brechung tagelang gleichmäßig andauern. Im Süden stellen sich im Juni 
und Juli auch noch Winterregen ein, die gleichfalls Landregen sind. Auf 
Aub fiel sogar einmal während meiner dortigen Anwesenheit 2 Zoll hoher 
Schnee, der mehrere Tage liegen blieb. 
Nach Aufhören des Regens konnten wir dann ohne Beschwerden weiter- 
fahren; unsere Ochsen hatten sich erholt, und in flottem Schritt ging es jetzt 
dem nahen Ziele zu. Zuletzt ging es Tag und Nacht durch; die Reise war 
zu Ende; die Bastards hatten Sehnsucht nach ihren Frauen und Kindern, 
und da es nicht mehr nötig war, die Kraft der Ochsen für bevorstehende 
Leistungen zu sparen, ging es ohne Rücksicht darauf los, so daß, als wir in 
Nehoboth morgens um 4 Uhr vor dem Hause unseres Fuhrmannes anlangten, 
mehrere Ochsen kraftlos zusammenbrachen. Nach Ludwig Conradt.
	        
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