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inniges Mitleid mit ihm. „Lieber wollte ich/' pflegte er zu sagen, „ben
Zopyrns nicht so verstümmelt sehen, als noch zwanzig Stäbte wie Ba-
bylon erobern.'' Von biesem unb vielen ctnberen glücklichen Felbzügen
gibt uns neben ben Berichten ber alten Schriftsteller auch ein höchst
merkwürbiges Kunstwerk Nachricht, welches sich bis auf ben heutigen
Tag erhalten hat; es ist bas Jnschriftenbenkmal von Bisitun. König
Darms nämlich ließ am oberen Choaspes bte schroffe Felswand bes
Götterberges „Bagistan" ober „Bisitun" glätten unb in einer Nische sein
eigenes Bilbniß ausstellen, umgeben von besiegten unb gefesselten Köni-
gen. Lange Inschriften in wunberbaren Schriftzeichen, ber s. g. Keil¬
schrift, geben bie geschichtlichen Erklärungen zu ben bilblichen Darstel-
lungen.
Als bie Rnhe im Innern des Reiches hergestellt war, beschloß Darius,
dasselbe auch nach außen zu erweitern. Er wollte jetzt an der Spitze
seiner Völker den dritten Erdtheil, unser schönes Europa, unterjochen.
Zum Glück aber hatte bie göttliche Vorsehung an ber äußersten Grenze
von Europa ein zwar kleines, aber muthiges unb sreiheitliebenbes Völkchen
als feste Schutzwehr gegen bie wilben Asiaten hingestellt. Das waren bie
Griechen. Wir werben in ber Geschichte berselben auf biesen glorreichen
Freiheitskampf zurückkommen.
Die Griechen.
4L Beschaffenheit des Landes.
Mit frenbigem Gefühle betreten wir jetzt ben klassischen Boben bes
schönen Griechenlanbs, bas bnrch Merkwürbigkeiten ber Natur unb Ge-
schichte gleich ausgezeichnet ist. Allenthalben umgeben uns hohe Erin-
nerungen, mit jebem Schritte stoßen wir auf Trümmer vergangener
Herrlichkeit. Hier ist jeher Hügel, jeber Quell, jeher Stein balb burch
eines Heiben Namen, balb burch bas Anbeuten von Großthaten, burch
Künstlertalent, ober burch ben Zauber ber Dichtkunst geheiligt. Hier
labet so vieles Geist unb Gemüth zur Bewunberung unb Liebe ein.
Das alte ©riechenlanb ging nicht weit über die Grenzen bes neuen
Königreiches Griechenlanb hinaus; es umfaßte nur noch bie jetzt türkischen