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nutzung der von Drusus eröffneten Wasserstraße von der unteren
Ems her vorwärts und verwüstete das Gebiet der Brukterer
zwischen Lippe und Ems. Auf der Teutoburger Walstatt be¬
stattete er die Gebeine des Varianischen Heeres, trat aber nach
einem unentschiedenen Treffen mit Arminius den Rückweg an,
wobei die auf dem Landweg über die pontes longi (im Burtanger
Moor?) marschierenden vier Legionen unter Cäcina durch Arminius
in schwere Bedrängnis gerieten.
Nach umfassenden Vorbereitungen erneuerte Germanicus im ^
Jahre 16 den Angriff von der Ems aus und besiegte das Heer
der Cherusker und ihrer Verbündeten in blutiger Schlacht auf der
Ebene Idisiaviso (= Walkyren wiese?) an der Weser südlich von
Minden ^ün3“3er~Porta Westfalica. Noch einmal stellten sich die
fliehenden Massen der Deutschen zu geordnetem Widerstande
(zwischen dem sog. Steinhuder Meer und der Weser?) und er¬
litten in dieser zweiten Schlacht wieder harte Verluste. Doch
gab Germanicus seine Absicht, bis zur Elbe vorzudringen, auf und
kehrte unter schweren Unfällen zur See an den Ehein zurück,
von wo er noch im selben Jahre Einfälle in die Gebiete der
Chatten und Marser machte. Durch Tiberius von dem Schau¬
platz seiner glänzenden, doch verlustreichen und im ganzen
ergebnislosen Kriegstaten abberufen, feierte er am 26. Mai 17 einen
glänzenden Triumph, wurde aber dann zur Ordnung der Verhältnisse
in_deiLOrient geschickt, wo er im Jahre 19 (vergiftet?) starb.
Die Zwietracht der Germanen, auf die Tiberius gerechnet
hatte, brach bald aus. Der Abfall der Langobarden und Semnonen
von Marobods Herrschaft zum Cheruskerbunde führte noch im
Jahre 17 zum Kriege zwischen Marobod und Armin. Der Kampf
blieb unentschieden, aber durch Empörung im Jahre li> seines
Reiches beraubt (der Gote Catualda), suchte Mayobjpd eine _ Zu-
flucht im Römerreich (j* 36 zu Ravenna), Armin fiel im
Jahre 20 (?) durch Meuchelmord. Mächtiger als die Waffen der
Römer war ihre Kultur; zahlreiche Deutsche traten fortwährend
ins römische Heer ein, und der lebhafte Handel und Verkehr
schien eine allmähliche Verschmelzung vorzubereiten.
3. Inneres. Unterstützt durch große Herrschertalente, gab
Tiberius dem Reiche Frieden, Sicherheit und eine wohlgeordnete
Verwaltung, füllte durch weise Sparsamkeit den Staatsschatz
und vollendete durch Übertragung der Beamten wählen von den
Komitien auf den Senat die Monarchie. Gleichwohl wurde er
durch Mißtrauen, Stolz und seine dem Knechtssinn des Senats
gegenüber sich steigernde Menschenverachtung zum Tyrannen.
Die Anwendung der zum Schutze des Staates bestehenden Majestäts¬
gesetze auf solche, die die Person des Herrschers durch Wort und
Schrift beleidigt hatten, veranlaßte zahlreiche Hinrichtungen und