Skandinavien. Rußland. 49
des Staates, von denen aus die Erzeugnisse des Festlandes wie des Meeres für den Handel ver¬
frachtet werden, mußten sich hier entwickeln: Christiania, Stavanger, Bergen, Drontheim,
Hanimerfest (5.
Den Hauptkörper des Landes bildet ein Urgesteinsplateau, das sich sehr allmählich gegen
Schweden hinabsenkt. Der breite Rücken desselben heißt das Fjeld (5. \70), eine flachwellige
Ebene mit vereinzelten bedeutenden, kupxenförmigen Erhebungen, z. B. dem Sneehättan,
2306 m. Das Fjeld selbst ist fast überall eine öde Gegend, eine nackte, vegetationsarme Felsen-
wüste, da schon bei ^000 m Höhe die obere Waldgrenze liegt. Es ist nur ganz schwach besiedelt.
In weiter Erstreckung überziehen es mächtige Firn- und Gletscherdecken (S. \70), ohne daß
dieselben jedoch bis zum Meeresspiegel herabsteigen. In ihnen sehen wir die letzten Überreste
der einstigen allgemeinen Vergletscherung, die sich von hier aus über den größten Teil von
Nordeuropa ausbreitete und bis an den Fuß der deutschen Mittelgebirge reichte. Mit jener
Vereisung hängt auch die letzte Ausgestaltung der Fjorde zusammen. Sie sind höchst wahr-
scheinlich unter das Meer getauchte Festlandsthäler, die später von gewaltigen Gletscherstrvmen
erfüllt wurden, deren Moränen am unteren Ende der Fjorde, vom Meere überflutet, liegen.
Das schwedische Flachland hat einen einförmigen Charakter. An der flachwelligen
Oberfläche steht überall das harte, von den alten Gletschern polierte Gestein (Gneis, Glimmer-
schiefer) an, das nur eine dünne Ackerkrume deckt. Glatter Wiesenboden fehlt gänzlich. Der
Wald nimmt den größten Flächenraum ein. «Line Menge paralleler Flüsse mit Seen und
Stromschnellen durchzieht das Gebiet in südöstlicher uud südlicher Richtung (S. J7J), doch sind
dieselben trotz ihres Wasserreichtums, eben wegen der unregelmäßigen Gestaltung der Fluß-
sohle meist nicht schiffbar.
Die Küste Schwedens ist niedrig, wenn auch durchgehends felsig; größere fjordartige Ein-
schnitte sind selten. Dagegen ist sie mit Ausnahme der Südspitze überall mit einem Gewirr
zahlloser kleiner Inseln und Klippen aus Urgestein, den sogenannten Schären, umgeben, die,
von: ehemaligen Gletschereise abgeschliffen, meist rundhöckerige Formen besitzen. Einige davon
sind nicht größer, als daß eine Möwensamilie eben j?latz darauf fände, andere messen sich an
Umfang mit Rügen, etliche zeigen den blanken Granitfels, andere schmücken dichte Wälder.
Die meisten sind unbewohnt, auf wenigen nur gewahrt man die ärmlichen Hütten von Fischern
oder Lotsen. Auf der Inselflur, die den Mälarsee von der Ostsee trennt, breitet sich in Herr-
licher Lage Stockholm (265,000 Einwohner, S. \72) aus, der Brennpunkt des schwedischen
Handels und Gewerbefleißes sowie des geistigen Lebens der Nation. An den Uferstraßen der
Altstadt entfaltet sich das lebhafteste Getriebe; hier liegt nicht selten eine Flottille von Schiffen
aus allen Nachbarländern, hier sind die (Quartiere der Großkausleute, die Börse und der Markt.
Über die Häusermenge der Altstadt ragt das kolossale, quadratische Nesidenzschloß auf, ein
Bauwerk des vorigen Jahrhunderts. Die Nordstadt ist der Sitz der großen wissenschaftlichen
Institute und Sammlungen und überhaupt der vornehmste Teil der Stadt. Belebt wird das
Städtebild Stockholms durch Hunderte von kleinen beflaggten Dampfschaluppen und Kähnen,
die nach allen Richtungen über die Wasserfläche hinschießen, um die Teile der Inselstadt mit-
einander in Verbindung zu erhalten, sowie durch die unvergleichlichen Reize des Mälarsees,
dieses merkwürdigsten aller Seen, der mit seinen J500 Inseln, seinen Sunden und Buchten
einem wahren Labyrinthe von Fels und Wasser gleicht.
XIV. Rußland.
Endlosigkeit ist die merkwürdigste Eigentümlichkeit des ungeheuren Zarenreiches, dessen
Gebietsumfang größer ist als der des ganzen übrigen Europa. Eudlos, in europäischem
Siitne, sind seine Wälder, die nahezu die Hälfte des Bodens bedecken, endlos die üppigen
Getreidefelder der sogenannten Schwarzen Erde, endlos die Steppen, die sie im Süden be-
grenzen, endlos auch die Ströme, die die Verbindung der weitläusigen Ländereien herstellen.
A. Geistbeck, Geogr. Bilder--Atlas, Europa. cl