von der Epistolographie. 153
d. Mau gehet mit Eröfnung des Briefes auch deswegen
sehr behutsam um, weil bisweilen ein anderer Brief
eingeleget ist, dessen Siegel an unsern Brief angeklebt
ist, folglich reistet man des andern seinen Brief auch
mit auf, wo man hastig und gewaltsam mit der Er¬
öfnung umgehet.
Man schneidet daher lieber mit der Scheere das Cou¬
vert oder den Brief selbst all dem Ort des Siegels
auf, so karr man, wo man ein Liebhaber von Wap¬
pen und Devisen ist, die Siegel gantz und unverlehet
behalten, abschneiden und sich dieselben in einem eige¬
nem Buche aussamlen.
£ Man muß Briefe, worinnen man wichtige, nothwen¬
dige Sachen zu finden vermuthet, ja nicht in Sack
stecken, weglegen, viele Tage unerbrochen liegen las¬
sen; sondern fie sogleich nachdem Empfang öfnen- und
sie nur etwas übersehen, ob etwas zum baldigen Be¬
antworten darin enthalten sey. Es hebet dieses das
obige bey Nummer 6, nicht auf. Denn es verstehet
sich, daß man fich einen Augenblick kan von seinem
Freunde entfernen, oder nur bey Seite treten, und also
ihn weder lange müßig sitzen, noch ihn an seinen Mienen
ablesen lassen, was in den Briefen enthalten sey.
3* fctad) der Eröfnung des Briefes ist folgendes
nöthig:
Den Brief muß man vor sich alleine, mit Bedacht und
Ueberlegung der darin befindlichen Sachen, auch wohl
zweymal lesen, und auf alles sorgfältig dencken, was
darin berichtet wird.
k' Findet man etwas nöthiges, pressantes darin zu beant¬
worten, zu bestellen, anzuordnen; so muß man damit
nicht zaudern, und es auf die lange Banck schieben;
sonderlich, wenn es gerichtliche Termine, Wechsel-
Gelder, Quittungen, Kauften und Verkauffen auch
K 5 solche