Full text: Erdkundliches Lesebuch für höhere Schulen

44. Der Hamburger Hafen. 
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mit Recht zweifeln, ob die geringen Landmengen, die damit zu gewinnen waren, 
die Kosten lohnten. Aber die Halligen müssen nicht um ihrer selbst willen erhalten 
werden, sondern als Schutz für die Festlandmarschen. Sie sind der Wellenbrecher, 
an denen die Hauptkraft der Meereswogen sich erschöpft, und wären sie ver- 
schwnnden, dann wäre der Uferschutz am Festlande unvergleichlich viel mühsamer 
und kostspieliger. So ist man denn in neuerer Zeit eisrig bemüht gewesen, besonders 
die nördlichsten der Halligen, wie Langenes und Olaud, einerseits durch Stein- 
böschungen zu befestigen und anderseits durch lange Dämme mit dem Festland zu 
verbinden, in deren Wellenschatten die Anschlicknng vor sich gehen kann. 
44. Der Hamburger Hafen. 
VonlIGewrg Wislicenus^). 
Hamburgs Hafen war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der Elbstrom. 
Die Schiffe lagen auf dem Strom an den langen Reihen von Pfahlbündeln, 
Dückdalben, vertäut, die von St. Pauli aufwärts bis zum Grasbrook reichten. 
Gelöscht und geladen wurde mit Schuten, die ihre Ladung am Bollwerk oder an 
die Speicher in den Fleeten abgaben. Schneller Betrieb war in der Segelschiffs- 
zeit nicht erforderlich, Seeverkehr und Seeschiffe waren noch klein. Um 1854 hatte 
die Unterelbe bei Hochwasser — die Flut dringt bis Buntehaus oberhalb Hamburg 
vor und braucht 4^4 Stunden, um von Kuxhaveu bis an die Landungsbrücken in 
St. Pauli zu gelangen — nur 41/2m Wassertiefe; durch langjährige Baggerungen 
wurde die Tiefe bis 1880 auf 7 m, bis 1900 auf 8 m, bis 1910 auf ungefähr 972m 
gebracht. Diese großartige Leistung ist in stetiger Arbeit mit etwa 12 Dampf¬ 
baggern ausgeführt, die Tag und Nacht arbeiteten, um in letzter Zeit mehr als 
vier Millionen Raummeter Baggergut jährlich zu fördern. Die Vertiefung soll 
auf 10 m durchgeführt werden. Die größten Dampfer können jetzt bei Hochwasser 
nach Hamburg gelangen. Mit der Zunahme des Seeverkehrs während und nach 
dem Nordamerikanischen Kriege wurde der Plan erörtert, ähnlich wie in den großen 
englischen Seehäfen einige geschlossene Hafenbecken, Dockhäfen, anzulegen. Aber 
der damalige Wasserbaudirektor Dalmaun erwirkte die Anlage offener Hafen¬ 
becken, was bei dem geringen Tidenhub von l3/4 m keine allzu großen technischen 
Schwierigkeiten machte. Der Bau des Sandtorhafens wurde 1866 voll- 
endet. Das 5 m tiefe, offene, dem Gezeitenwechsel ausgesetzte Hafenbecken, also 
ein Tidehafen, bewährte sich vorzüglich; infolgedessen wurden auch später alle 
Hafenerweiterungen ebenso ausgeführt. Für den Schiffs- und Hafenverkehr 
der Schuten und Oberländer Kähne, Dampfjollen usw. ist diese Hafenform die 
denkbar günstigste, weil sie unabhängig von der meist stark beschränkten Össnungs- 
zeit der Schleusen bei Dockhäfen ist. Durch die offenen Hafenbecken ist Hamburg 
allen englischen und vielen anderen Welthäsen weit überlegen im schnellen 
x) Die deutschen Hafenstädte. In Bildern von Prof. W. S t ö w e r, Text von Admira- 
litätsrat G. Wislicenus. Deutscher Verlag (G. m. b. H.), Berlin, o. I. (1910). S. 44ff.
	        
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