Vorwort.
Als Karl Ritter im Herderschen Geiste daranging, die Erde nicht nur als den
Boden, als Wiege, als Wohnort der Menschheit zu betrachten, sondern als „das
Erziehungshaus, die große Erziehungsanstalt des Menschengeschlechts", alle Er-
scheinungssonnen ihrer organischen und unorganischen Welt in gewisse Beziehungen
zu setzen, Gesetze festzulegen, nach denen die wechselseitigen Bedingungen die Ent-
Wicklung der einzelnen Teile des Ganzen fördern oder hemmen, als er den großen
Schritt tat, auch den Menschen nicht losgerissen von seinen: Boden zu betrachten,
sondern auch auf sei u Verhältnis zum Erdboden die organische Betrachtnngs-
Methode anzuwenden und damit der Methode der Erdforschung Wege zu weisen,
die vor ihm nur zaghaft und ohne dauernden Erfolg betreten waren, da ging
gleichzeitig in der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der
Kulturmenschheit eine bedeutsame Wandlung vor sich. Das 19. Jahrhundert
brachte in seinem Beginn die ausgedehnte Nutzbarmachung der Dampfkraft,
in seinen: Verlaus die allmählich vielseitig erweiterte der Elektrizität, und etwa
zur Mitte des Jahrhunderts beginnt, wie Richthofen in seiner Leipziger Antritts-
rede betonte, ein neues Zeitalter der Entdeckungen.
Damit war der Kulturentwicklung ein neues Ziel erschlossen, ein Neuland
geistiger Anregung und Tätigkeit war entdeckt worden. Auch die Zeit um 1800
darf ähnlich jener vor vier bis fünf Jahrhunderten als der Beginn einer neuen Ent-
Wicklungsepoche angesehen werden. Politik und soziales Leben, Volkswirtschaft,
Wissenschaft und Kunst schlugen andere Richtungen ein als bisher und eroberten
damit neues Land, deckten neue Ziele auf, zu denen sie mächtig vorwärtsstrebten.
Die Jugenderziehung durfte diese neuen Bestrebungen nicht vernachlässigen.
Sie konnte nicht stillschweigend an den neuen Ergebnissen der Forschung und
Wissenschaft vorübergehen, sie mußte, wenn sie das heranwachsende Geschlecht in
der neuerschlossenen Welt des Geistes und der Kultur aus sichere Füße stellen wollte,
diesen neuen Strebungen nachgeben und wenn nicht ihre Methode, so doch ihren
