Full text: Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches (Bd. 2)

Bilder au» Süd-Europa. 
der Paläste einen großartigen Schmuck. Besonders schön erscheinen sie 
in der Nähe von Fontänen. Die steigende, fallende Wassergarbe, das 
zauberische Farbenspiel von Myriaden sonnendurchstrahlter Tropfen, 
das üppige Grün der Moose und Lilien stellt hier ein sröhliches^ 
unerschöpfliches Leben neben die erhabene, eiusam schweigende Todes¬ 
schwermut. Doch nirgends machen diese in sich geschmiegten Bäume 
vielleicht eine so tiefe Wirkung wie in den Vorhöfen und Umgebungen 
der Klöster. An die Cypresse reiht sich die Pinie Eine rotschimmernde,, 
rebeu- und ephenumsponnene Säule, am Wipfel die Aste schlaugeu- 
förmig hervorbrechend und darüber im breiten Schirme die bläulich- 
grüne Krone — so steht dieser schlanke Baum als einer der edelsten 
des Südens da, und mit Recht lassen ihn die Maler auf italischen 
Landschaftsbildern nie sehlen. Schon aus den Wandgemälden von 
Pompeji herrscht er neben der Cypresse sast ausschließlich. Gern sucht 
er die sandige, felsige Küste, er spiegelt sich in dem Meere, dessen 
Farbe seine Nadeln schmückt, und durchschneidet es als windbeflügelter 
Kiel. Ein Schmuck der Villen ist der Erdbeerbaum, dessen hochrote 
Frucht der Erdbeere gleicht. Das deutsche Obst, als Kirschen, 
Pflaumen, Äpfel, Birnen, Aprikosen und Pfirsiche, gededeiht hier in 
bei weitem größerer Fülle, ohne jedoch schmackhafter zu werden. In 
allen Gürten findet sich auch der höchst zierliche Pfefferbaum mit 
kleinen, schmalen, weideartigen Blättern und Büscheln erbsengroßer, 
glänzendroter Beeren mit schwarzen, fleischlosen Kernen. An Mauern 
und Felsen trifft man die nur wenige Fuß hohe K a p e r n st a u d e, deren 
Blumenknospen eingemacht als Znthat zu Speisen dienen. In Menge 
wächst wild das Süßholz, eine mannshohe, strauchartige Pflanze^ 
deren lange, kriechende Wurzel den Saft zum Lakriz liefert. Der 
Baumwollenst rauch gedeiht in der Umgegend Neapels und erreicht 
eine Höhe von drei Fnß. Er braucht zwei Jahre, um zu wachsen uud 
zur Reise zu kommen; dann trägt er nußgroße Kapseln, aus denen 
die reine Wolle glänzend weiß hervorquillt. Noch verdienen die 
T a m a r i n d e n b ü s ch e mit wohlriechenden. in lange Trauben herab- 
hangenden weißen Blüten und der Judasbaum, welcher, purpurrot 
blühend, Felsen und Bergwände schmückt, Erwähnung. Endlich dürfen 
auch die Aloen und Kaktus nicht vergessen werden. 
„Mit spitzen dunklen Blättern 
Trotzt auf dem kahlen Fels die Aloe den Wettern" 
(F. Freiligrath) 
und treibt im Lauf der Zeit einen armdicken, 30 Fnß hohen Schaft.. 
Die ftarkgedruugenen Kakteen, die „Quellen der Wüsten", scheinen sich 
in Italiens gesegneten Landstrichen ebenfalls recht gut zu gefallen. 
Das pflanzliche Grün verbleicht bei ihnen zn einem Bleigrau; die 
Blattbildung hört ganz auf. Dagegen entwickelt sich der saftstrotzende 
Stamm in einem unerschöpflichen Spiel der seltsamsten Gestalten. 
A. Knapp u. H. Stahl.
	        
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