Full text: Bilder aus dem Deutschen Reiche (Bd. 3)

Das unt.re Moselthal. 
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scharfe, weithin die Luft durchdringende Geruch des aus den Schorn- 
steinen qualmenden Braunkohlenrauchs macht, daß der Wanderer die 
verschneiten, in Nebel gehüllten Dörfer oft leichter auffindet, wenn er 
der Nase, als wenn er dem Auge nachgeht. 
Der Fall, daß einer ein Dorf in der Ferne sucht, während er — 
auf der Wetterseite — unmittelbar vor den Hänsern steht, ist in harten 
Wintern auf dem hohen Westerwald? nichts seltenes. Oft genug werden 
die niedern Hütten derart verschneit, daß den Insassen das Tageslicht 
ausgeht, und daß Stollen und Gewölbe durch den Schnee von einer 
Hausthür zur andern gegraben werden müssen, um die Verbindung mit 
den Nachbarn wieder herzustellen. Wird der Arzt aus ein Dorf ge- 
rufen, dann muß er nicht selten vorerst Mannschaft aufbieten, die vor 
ihm her den Weg aufschaufelt. Würde der Wald in größerer Aus- 
dehnnng gehegt, dann wäre auch die Despotie der Schneestürme zur 
Hälfte gebrochen. 
Die vereinzelten Wälder erscheinen hier oben in ihrer schönsten 
Bedeutung: als die Schutzhegen der Landeskultur, als die Wälle und 
Vorburgen der Civilisation. Man fühlt da erst, was der Wald wert 
ist, wenn man stundenlang vom Winde gezaust, plötzlich in seinen 
heiligen Frieden eintritt. Ans dein hohen Westerwalds hat man die 
Kirchhöfe fast überall am Waldsaume angelegt, selbst wenn man sie 
darum über die Gebühr vom Orte entfernen mußte. Es ruht eine 
dichterische Weihe auf dem Gedanken, daß die Leute ihre Toten vor 
dem Streit der Elemente in den schirmenden Burgfrieden des Waldes 
geborgen haben. Nach Riehl. 
19. Das untere Moselthal. 
1. Das Moselthal. — 2. Die Städte des Moselthales. — 3. Der Weinbau im 
Moselthal. 
1. 
Die Mosel durchschneidet, indem sie die Plateau- und Bergmassen 
des Hunsrücks von denen der Eifel trennt, die westliche Abteilung des 
rheinischen Schiefergebirges, und zwar in einem nordöstlich gerichteten, 
äußerst tiefen und äußerst vielfach gewuudeuen Thale. Mit dieser 
Eigentümlichkeit ihres Laufes steht das Klima, die Kultur und Scenerie 
der Gegend, die Lebensweife und der Charakter der Bewohner und die 
Geschichte ihrer Heimat im engsten Zusammenhange. 
Eingeschlossen zwischen Hochflächen und Höhenzügen, die über 
2000 Fuß hinaufreiche», ist die Thalsohle des Flusses gewissermaßen 
bis auf die untere Basis des Plateaus eingesenkt, und die nächsten 
Striche am Ufer liegen oft weit unter der Grenze des Hoch- uud 
Tieflandes, während die ihnen benachbarten Bergmassen mit ihrer ur- 
sprünglichen Höhe ganz nahe herantreten, so daß dadurch nicht selten 
mehr oder weniger unterbrochen schroffe Ufergelände von 1200 bis 
1800 Fuß Meeres- und fast auch zugleich Thalhöhe entstehen. Daher
	        
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