Full text: [Bd. 1, Abth. 1] (Bd. 1, Abth. 1)

16. Erdbeben. 137 
von Asche bedeckt; auf den Wänden des Berges und an seinem Fuße lagern 
die zahllosen Trümmer und Splitter der zersprungenen Auswurfsmassen; und 
zwischen neuen Erdschichten wühlt sich der noch immer heiße und rauchende, 
ja stellenweis flammende Lavastrom im selbstgebildeten Bette zu einer Tiefe 
hinab, wo ihm die Fallhöhe fehlt und der zähe Fluß allmählich in sich selbst 
erstarrt. Die Erde ist in eine trostlose Einöde verwandelt. Nirgends Halm 
noch Blatt; schwarz und kahl strecken die verdorrten Bäume ihre Aeste in 
die qualmerfüllten Lüfte; und das thierische Leben hat schon längst aufgehört 
zu athmen, ja die glühende Asche hat selbst die Spuren seines Daseins ver- 
löscht. — So etwa mochte der Anblick sein, als^ 79 Jahre nach Christi 
Geburt der Vesuv aus einem vieljährigen Schlummer zum erstenmale wieder 
erwacht war, und in der Vollgewalt verheerender Kräfte 30 Quadratmeilen 
mit seiner furchtbaren Saat überdeckte und nicht weniger als sechs Städte 
begrub. Die früher den Saum des Meeres und des grünen Landes wie 
Juwelen geschmückt hatten, lagen plötzlich im Schoß der Nacht versunken, und 
nur als Schatten ehemaliger Herrlichkeit sollten sie nach 1700 Jahren wieder 
emporsteigen. *) 
16. Grdöeben. 
i. 
Die Wirkung eines feuerspeienden Berges, so furchtbar malerisch auch 
das Bild ist, welches sie den Sinnen darbietet, ist doch immer nur auf 
einen sehr kleinen Raum eingeschränkt. Ganz anders ist es mit den Erd- 
stoßen, die dem Auge kaum bemerkbar, bisweilen gleichzeitig in tausend 
Meilen Entfernung ihre Wellen fortpflanzen. Das große Erdbeben, welches 
*) Der Ausbruch, dem bereits im Jahre 63 ein heftiges Erdbeben vorangegangen 
war, erfolgte am 24. August des Jahres 79. Eines seiner Opfer war bekanntlich der 
ältere Plinius; übrigens findet man in den Ruinen von Herculauum und Pompeji 
nur verhältnißmäßig wenige menschliche Gebeine, weil die meisten Bewohner Zeit genug 
hatten, beim Beginn der Eruption sich zu retten. Dies gilt namentlich von Pompeji, 
dessen Bevölkerung eben in dem nahe am Thore gelegenen Theater versammelt war. 
Außer den beiden genannten und allerdings volkreicheren Städten fanden auch Stabiae, 
Teglana, Oplontis und Tanrania ihren Untergang. Der Aschenstaub ward nach dem 
Berichte des Dio Cassius (im 66. Buch der römischen Geschichte) nordwärts bis Rom, süd¬ 
wärts aber bis an die afrikanischen Küsten und selbst noch weiter getrieben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.