Full text: Entdeckungen und geographisch bedeutsame Unternehmungen nach Auffindung der Neuen Welt bis zur Gegenwart (Bd. 2)

Zerwürfnisse zwischen der Ostindischen Kompanie und dem Großmogul. 103 
in Indien seine Fürsorge zuzuwenden. Ihre Admirale wurden angewiesen, 
der Ostindischen Kompanie wirksamen Beistand zu leisten, wo es sich darum 
handelte, die britischen Interessen zu vertreten oder den Einfluß Englands 
im Süden und Osten Asiens zu mehren. Indessen zeigte sich diese Unter- 
stützung nicht selten von höchst zweifelhaftem Werte, indem sie wiederholt 
zu verdrießlichen uud bedenklichen Störungen infolge der Eifersüchteleien 
zwischen den Bediensteten der Regierung und den Beamten der Kompanie 
führte. Gefahrdrohende Zerwürfnisse entstanden bisweilen gerade zu einer 
Zeit, als einmütiges Handeln durchaus nötig schien; denn die alte Rivalität 
zwischen Engländern uud Franzosen führte auch im Osten zu empfindlichen 
Störungen für den in ganz außerordentlichem Aufschwung begriffenen 
Haudel. Die Vertreter des Ostindiahanses hatten es sich bisher angelegen 
sein lassen, sich die Gunst des Oberherrn des Indischen Reiches zu erhalten. 
In den Streitigkeiten der Portugiesen und der Holländer mit den ein- 
heimischen Fürsten sowie mit den benachbarten Persern hatten sich die 
Engländer meist auf seiten der Asiaten befunden. 
Infolge der Übergriffe des kaiserlichen Subahdars von Bengalen kam 
es jedoch im Jahre 1686 während der Regierung Äurengzebs zu ernsten 
Zerwürfnissen zwischen der Ostindischen Kompanie und dem Großmogul. 
Sie endigten mit Eroberung und Plünderung der Faktoreien von Patna, 
Kossimbazar sowie mit der Einnahme von Sumte und Masulipatam zum 
großen Nachteil der Kompanie. Eine Zeitlang dachte der Beherrscher In- 
diens ernstlich daran, die Engländer aus der Halbinsel ganz zu vertreiben; 
nur nach fußfälliger Abbitte und andern Demütigungen, sowie nach Drein^ 
gäbe ansehnlicher Geschenke ließ sich der Erzürnte bewegen, der Kompanie 
Frieden und Duldung sowie die Wiederherstellung ihrer Faktoreien zu be- 
willigen. Die Franzosen waren bemüht, aus diesen Vorfällen Nutzen zu 
ziehen, indem sie Pondichery, ihre Niederlassung zwischen Madras uud 
Fort St. David, wohl befestigten. 
Unter Äurengzebs Nachfolger erstarkte das gute Verhältnis zwischen 
den Engländern und dem Hofe zu Delhi wieder. Der Großmogul ge- 
stattete den Behörden von Fort William den zollfreien Durchzug der Waren 
im Gebiete von Bengalen, ein Recht, welches jedoch die Subahdars oder 
Lehnsfürsten dieser Provinz zum Teil hinfällig zu machen versuchten, in- 
den: sie zeitweilig verboten, mit den Agenten der englischen Niederlassung 
zu verkehren. 
Noch zu Anfang des 13. Jahrhunderts thronte in seinen Residenzen 
zu Delhi und Agra, umgeben von Pracht und Herrlichkeit, der Oberherr 
des Judischen Reiches. Unaufhörliche Familienstreitigkeiten, Bruderkriege, 
Verwandtenmorde, die verderblichen Buhl- und Ministerwirtschaften brach- 
ten indessen das Mogulreich binnen weniger Jahrzehnte an den Abgrund 
des Verderbens. Wilde Völkerschaften stiegen nach dem Tode Aareng- 
zebs (L707) durch die westlichen Pässe herab und ergossen sich über das
	        
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