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und Volsker wurde einmal ein römisches Heer eingeschlossen. In dieser
Not ernannten die Römer den erfahrenen Feldherrn L. Quinetius Cincinnatns,
der in ländlicher Zurückgezogenheit sein Gut bewirtschaftete, vom Pfluge weg
zum Diktator; dieser entsetzte die Eingeschlossenen, schickte die Gefangenen
durchs Joch und kehrte nach zehn Tagen wieder zu seiner ländlichen Be-
458 schäftiguug zurück. 458.
Einen langwierigen Krieg führten die Römer gegen die etrnskische
Stadt Beji, welche erst nach zehnjähriger Belagerung von dem Diktator
Kamillus eingenommen wurde. Hier war es zum ersten Male der Fall,
daß die Krieger über Winter im Felde blieben und für ihren Dienst einen
Sold erhielten. Der ruhmreiche Camillas wurde einer Veruntreultug der
Beute augeklagt und ging freiwillig in die Verbannung, indem er zu den
Göttern flehte, daß seine Mitbürger einst ihren Undank bereuen und ihn
zurückwünschen sollten. In der That kam bald darauf ein furchtbares Ver-
hängnis über Rom.
2. Die Gallier oder Kelten waren unter ihrem „Bremms" (d. i.Heer¬
könig) in ungeheueren Scharen über die Alpen in Etrurieu eingebrochen, wo sie
Wohnsitze verlangten. Auf den Hülferuf der Einwohner von Clnsium schickten
die Römer 3 Gesandte (aus dem Geschlechte der Fabier) an die Gallier ab, um
einen Frieden zu ermitteln. Da dieselben aber an dem ausbrechenden Kampfe
selbst teilnahmen, so zogen die Gallier wegen dieser Verletzung des Völkerrechtes
390 gegen Rom vor und schlugen das römische Heer gänzlich an der Allia (390).
Die Stadt wurde von den erschreckten Bewohnern verlassen; nur auf dem
Forum hatten einige bejahrte Senatoren ihre Sitze eingenommen und ver-
harrten wie Götterbilder in unbeweglicher Haltung; sie wurden aber von
den Galliern niedergemacht. Rom wurde zerstört; nur das Kapitol, auf
welches mehrere Senatoren mit einer kleinen Besatzung geflüchtet waren,
behauptete sich. Ein nächtlicher Überfall war durch das Schnattern der
„heiligen Gänse" noch rechtzeitig entdeckt und von T. Manlius (daher sein
Beiname „Eapitolinns") vereitelt worden. Nach langer Belagernng gingen
die Gallier auf einen Vergleich ein, nach welchem sie gegen ein Lösegeld von
1000 Pfund Gold abzogen.
Eine spätele Sage meldet, Brennus habe nach Abwägung des Goldev noch
fein Schwert in die Gewichtschale geworfen und auf die Einsprache der Römer
das höhuische Wort ausgerufen „Yae victis!" (Wehe den Besiegten!). Da sei
gerade Camillus mit einem unterdessen gesammelten Heere aus der Verbannung
herbeigeeilt und habe ihm den Schatz mit den Worten abgenommen: „Das Heer,
nicht das Gold soll Rom befreien!" Auf den Trümmern Roms sei Brennus
geschlagen worden und nicht einmal ein überlebender Gallier als Lote des llit
glücks heimgekehrt.
3. Nach dem Abzüge der Gallier wollten die Plebejer die eingeäscherte
Stadt nicht wieder aufbauen, sondern sich in Veji niederlassen. Dieses Vor